Freitag, 25. September 2009

12.7. Über hohe Pässe zum Strand

Yaks mit Hirte
Auch hier ist viel Vieh unterwegs
In der Früh fällt das Aufstehen recht schwer, da es immer mal wieder regnet, doch irgendwann ist blauer Himmel, doch wehe man schaut nach Westen, da sieht es wieder ganz schwarz aus. Mist, und das so kurz vor der Brücke. Eigentlich wollte ich ja nun den Ara Bel fahren, dessen Weg an der Brücke vom Weg zum Tozorpass abzweigt. Aber bei schlechtem Wetter ist der Ara Bel vielleicht nicht so gut, man kommt ja nur schlecht weg und ist mindestens einen Tag länger in der Höhe als beim anderen Weg. Aber zunächst wird zusammengepackt und los geht es, kurz vor der Brücke treffe ich noch einmal einen Hirten, der meint der Tozor sei offen, aber bei Ara Bel wüsste er es nicht, es würde dieses Jahr einfach noch recht viel Schnee liegen. Die Brücke sieht noch gut aus und es führen Fahrspuren weiter, auf der anderen Seite stehen Jurten. Ich entscheide mich hier für den Tosor, in der Nacht hatte es auf den Gipfeln noch einmal geschneit und wieder umkehren vor dem Ara Bel wollte ich nicht. Der Ara Bel besteht ja vor allem aus Hochebene auf 3800 m und die Rampe rauf ist eher NW-orientiert. Kurze Zeit später hängen die Wolken auch schon in den Bergen und es beginnt dort zu regnen.
Auch bei mir setzt der Regen etwas ein, so dass ein Anorak fällig wird. Und schon kommt die nächste Überaschung, kurz vor dem einzigen Haus des Tales, das noch in der Karte eingezeichnet ist, gehen die Spuren von der Trasse weg. Der Grund ist eine zerstörte Brücke.
Ich ziehe also wieder einmal die Schuhe aus und schiebe das Rad durch den Fluss. Dieser ist aber so tief und strömend, dass die Verschlüsse der Lowrider Gefahr laufen unter Wasser zu gelangen. Ich hebe also das Vorderrad an, aber das wird mir dann sofort verrissen. Daher geht es ans Ufer zurück und die Taschen werden separat rübergebracht. Dabei wird meine Hose leider bis zu den Oberschenkeln nass. Dann wird noch das Rad mit 1 Backroller und dem Seesack rübergeschoben. Die Strömung verreisst das Rad zwar ziemlich, aber zum Glück hängt das Gepäck richtig. Schnell werden die Schuhe angezogen und es geht weiter. Da es stärker regnet und kühl ist, fahre ich zum Haus, welches auch ordentliche Vordächer hat. Es ist bewohnt, aber ich stelle das Rad zuerst mal am Vordach vom unbewohnten Teil ab. Die Frau im Hause unterhält sich sehr kurz und verschwindet, ich bleibe erst einmal unter dem Vordach.
Früher war das wohl eine wichtigere Piste
Brücke kaputt, eine feucht-kühle Angelegenheit
Es ist recht kühl, bald kommt ein älterer etwas gebrechlich erscheinender Mann auf einem Esel, bleibt bei mir stehen und versorgt den Esel (Sattelzeug runter und Esel darf grasen). Es ist schon etwas beschwerlich, mit dem Sattelzeug kann ich ihm etwas helfen. Er verschwindet daraufhin im Haus. Kurze Zeit später taucht ein weiterer Mann auf, grüßt kurz und verschwindet ebenfalls im Haus. Ich wundere mich etwas. Überall sonst hätte man mich schon längst in die warme Stube eingeladen. Aber das erwarte ich ja nicht unbedingt, ich bin ja schon froh hier unerwartet ein Vordach zu finden.
Doch kurze Zeit später werde ich doch noch reingebeten, indem ich gefragt werde ob ich nicht einen Tee mag. Da sage ich natürlich nicht nein, wobei ich natürlich noch mehr das beheizte Zimmer geniesse. Kurze Zeit später werden Tassen und Teller (wofür denn nun Teller?) ausgeteilt. Schließlich gibt es Tee und dazu Nudeln. Wie in letzter Zeit meistens in Kirgistan, wird der Tee mit hochkonzentriertem Tee und dazugeschüttetem heissen Wasser aufbereitet. Hier scheint auch ein Schuss Milch üblich zu sein. Das Essen dauert, zumal ich die größte Portion bekomme, es sind noch kleine Fische in die Nudeln verarbeitet.
Da es immer noch regnet, schreibe ich danach noch ein paar Postkarten und zeige diese auch her. Genauso wie den Führer, die Photos und Karten, diese interessieren die Leute oft. Plötzlich holt die Frau selbst ein paar Alben. Eines mit Photos vom Vater des Mannes, der wohl ein bekannter Falkner war. Dann ein Album mit Photos von der Englandreise. Er war vor kurzem bei einem Falknertreffen. Diese Jahr ist dort sein Bruder. Vom Event gibt es sogar einen Bildband. Sehr eindrucksvoll diese Adler, wohingegen sich die Falken fast wie Tauben ausnehmen. Es war wohl die erste Reise ins ferne Ausland für meinen Gastgeber, er wurde wohl von der Falknervereinigung übernommen, auch aus anderen fernen Ländern wurden die Falkner dazu eingeladen.
Als ich wissen will, wo der Adler sei, zeigt der Mann nach hinten. Ich stehe zunächst etwas auf der Leitung, aber mit der Zeit dämmert mir, dass der Adler im Haus untergebracht ist und eventuell Quelle des komischen Geräusches ist, das man ab und an hört. Die Bitte, mir den Adler zu zeigen, wird nicht abgeschlagen und so bekomme ich zum ersten Mal die Gelegenheit, so einen Adler aus der Nähe zu sehen. Diese Tiere sind einfach eindrucksvoll, verständlich, dass sie in der Heraldik vielfach Verwendung finden. Schnell hole ich noch den Photo und knipse ein paar Bilder. Anscheinend verwendet er den Adler vor allem zur Jagd, bei den Photos war auch ein Bild mit Jäger und erlegtem Wolf zu sehen. Der Wolf ist aber das größte Tier, welches von Adlern noch gejagt wird. Unten am Issyk Kul kann man wohl auch bei einem Adlerjäger kommerzielle Vorführungen verfolgen, das Kaninchen ist danach aber tot.
Als Danke schön lasse ich noch den Rest der Packung Zigaretten da, bevor ich sie weiter an wildfremde verschenke, vorher hat schon ein Hirte was abbekommen.
Daraufhin zeigt mir mein Gastgeber noch ein kleines Häuschen nebenan, dort ist ein Becken mit heißem Wasser installiert, hier hat es also ein warme Quelle.
Da hat mich der Regen ja zur richtigen Stelle geführt. Mittlerweile ist Mittag schon vorbei und der Regen hat aufgehört. Drei Stunden habe ich hier ausgeharrt. Ich will aber heute noch über den Pass rüber und mache mich daher langsam auf.
Zu Gast bei einem Falkner
Sehr eindrucksvoll so ein Adler
Kurze Privatvorführung
Der Adler wird vor allem zur Jagd eingesetzt
Sieht aber gefangen eher
ein Hühnchen aus
Der Mann ist noch interessiert daran, wie ich den Fluss vorher überquert habe, darauf kremple ich zur Demonstration die Hosen hoch. Kurz nach mir war noch eine Herde Schafe durchgetrieben worden, die scheinen es einfacher geschafft zu haben. Mir werden noch ein paar Brückenlose Bäche angekündigt, aber die Strecke soll fahrbar sein, für Jeeps.
Und in der Tat sind noch einige Bäche zu queren. Fürden ersten muss ich wieder die Schuhe ausziehen. Die Piste führt einem wunderschönen Tal entlang, mit einem erstklassigen braided River, d.h. Wildfluss mit vielen Armen. Es kommen mir noch einige Viehherden entgegen. Eine auch an einem blöden Flussübergang, wo die Strasse zwar weggerissen ist, aber der Fluss dennoch durch ein Rohr fließt. Die riesen Stufe im schlammigen Untergrund klappt nicht auf Anhieb und mir stürzt das Rad etwas ab, bis ich die Lowrider abnehme und es dann versuche. Gerade kommt der zweite Viehtrieb heute. Die drei Hirten halten und unterhalten sich mit einem Mann, der gerade mit seinen Kindern am Bach fischt. Die Ziegen und Schafe nehmen die Stufe besser als ich. Aber ein Schaf bleibt an der Strasse liegen, es hat wohl etwas am Fuss und kann nicht mehr aufstehen. Oh weh, ich bin gespannt, wie die Situation gelöst wird. Einer der Hirten hantiert am Gewehr herum und ich glaube schon es kommt zum Gnadenschuss, doch nachdem die Herde schon einiges weiter ist, wird das Schaf von einem der Hirten aufs Pferd genommen. Ich fahre weiter, die Strasse steigt nur langsam, weil das ein flaches Tal ist. Die Berge sind nun nicht mehr in Wolken und sehen eindrucksvoll aus. Einige stark vergletscherte Flanken, teils gibt es auch riesige Schutthalden, die einmal das Tal versperrten. Erst nach ein paar Stunden führt die Strasse vom Fluss weg und steigt die Hänge stärker an. Kurz davor habe ich noch einen Niva passiert, dessen Spuren jetzt meist zu sehen sind. Er hat wohl etwas transportiert, was nun auf Pferd und Jurten gebracht wird. Einer der Esel hat sich mitten im Fluss hingesetzt und die Hirten bergen gerade die ganze Ladung und versuchen den Esel zum Weitergehen zu bewegen. Dürfte eine kühle Angelegenheit sein, nach einiger Zeit ist der Esel dann vom Eis (äh Fluss).
Die Piste wird nun nach oben hin immer schlechter, zwischendurch sehe ich sogar mal kurz Abdrücke von anderen Fahrrädern, diese wurden ausnahmsweise von den vielen Viehspuren nicht verwischt.
Blick zurück Richtung Taleingang
Es geht flach weiter
Reliefenergie
Eine wieder einmal traumhafte Landschaft
trotz bedecktem Himmel
macht es einfach Spass hier entlang zu fahren
Die Strecke wird immer wieder von Bächen unterbrochen
Pferde bei der Bachquerung
Der Rest der Herde braucht länger
Sommerlager in den Bergen
Der Bach wird kleiner
und die Strasse führt bald weg von ihm
Schönes Hochtal
Wenig Verkehr hier
Karger werdende Landschaft
Die Strasse steigt steiler an und macht sogar eine Kehre, teilweise liegt so viel loses Geröll im Weg, dass man nicht umhin kommt zu schieben. Aber früher war es wohl eine wichtige Verbindung, immer wieder sieht man die Seitenpfosten, die hier gesetzt wurden. An der Talgegenseite sieht man schon wieder ein bisschen Regen am Berg, aber insgesamt noch nicht zu bedrohlich nach 0rdentlichen Schauern aus. Doch da irre ich mich, am Pass angekommen graupelt es, also Annorak raus und schnell wieder runter. Nach der ersten Kehre sieht man schon den 2200 m tieferen Issykul, dort scheint die Sonne, eigentlich will ich noch mindestens zum See kommen. Aber hier am Pass zieht es zu und droht noch stärkerer Regen. Die ersten 300 hm sind recht beschwerlich runter zu fahren, da es so steil ist und weiters viel loses Geröll rumliegt. Dann wird es mit kurzen Unterbrechungen besser. Ich mache mich auf möglichst schnell runterzukommen. Doch mit der Zeit wird der Graupel stärker und Blitz und Donner kommt dazu. Mist, genau über dem Teil der Strasse, wo ich durch muss, ist gerade jetzt die Zelle. Ich lege das Rad hin und kauere mich etwas entfernt davon hin, da die Einschläge doch recht nah sind.


Kurz vor der Passhöhe
Letzter Blick zurück ins Hochtal
Der Tozor-Pass
Auf der anderen Seite ist die Piste nicht viel besser
Ganz unten wartet schon der Issyk Kul
Wieder eine Herde auf der Piste
Nach 10 Minuten geht die Endlosabfahrt weiter. Jurten und Vieh tauchen wieder auf, es wird wärmer. Aber es dauert noch eine ganze Weile bis ich fast unten bin, dann gibt es noch einmal einen grösseren Fluss, der durchwatet werden muss. Er hat recht viel Wasser und so müssen die Lowridertaschen wieder ab. Als ich durch bin und weiterfahre meint am nächsten Haus ein Mann, dass ich auch die Brücke hätte benutzen können. Anscheinend gibt es einen Fussgängersteg, den ich übersehen hatte. Sei es drum, die letzten Kilometer runter zum See sind wieder einfach und gehen nochmal durch eine kleine Schlucht.
Plötzlich sehe ich vor mir ein Wohnmobil aufgestellt in einem Seitenweg, ich schaue kurz vorbei, es ist ein Berner Toyo mit Wohnaufbau, aber anscheinend schlafen die Leute um 19:30 bereits, naja werden morgen wohl morgen noch den Tosorpass machen (doch nicht, am Issykul überholt mich der Toyo anderntags). Erstes Marsmobil, bzw. westliches Touriauto hier in Kirgistan.
Bei der weiteren Abfahrt bemerke ich, dass das Vorderrad zwischen dem Lowrider immer etwas hin- und herwackelt. Irgendwann ist eine Tasche dann auch wieder unten. Dieses Mal aber, weil der Lowriderträger sich disintegriert hat, eine Schraube war weg. Beim wiederanschrauben sehe ich, dass alle Schrauben locker sind.
Ich fahre weiter und filtere kurz darauf noch etwas Wasser as einem Bewässerungskanal. Seit ich den überflüssigen leeren Behälter für die Aktivkohle weg habe, geht es viel leichter. Kurze Zeit später ist die Teerstrasse erreicht. Leider sind schon ein paar betrunkene Russen direkt am Ufer, daher fahre ich etwas weiter um dann dennoch, hoffentlich ungesehen wieder umzukehren und zum Ufer zu fahren und dorts das Zelt aufzustellen. Es sind zwar ein paar Gewitterwolken unterwegs, aber nicht direkt bei mir. Ich hoffe das bleibt so, da das Zelt im Sand schlecht abzuspannen ist. Nach ein bisschen Kocherei geht es ins Bett, der Verlegenheitspass war doch anstrengend, aber auch sehr lohnend.
In der Nacht kommt dann doch noch frischer Wind auf und es regnet etwas, so dass ich raus muss. Die Heringe haben nicht gehalten. Schnell werden Schwemmholzreste eingesammelt. Diese eignen sich deutlich besser als die Heringe als Fixpunkt im Sand.

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