Aufs Frühstück werde ich nochmal eingeladen, es gibt Brot und eine undefinierbare weisse Masse, zudem noch Aprikosenkompüott und viel Tee. Ich verabschiede mich noch, die anderen haben ab 7.00 Dienst, auch mein englisch sprechender Freund.
Dann geht es auf der Schotterstrasse weiter, da es wohl vor kurzem geregnet hat, ist noch einmal ein Bach zu durchschieben. Im Gegensatz zu gestern verliere ich aber keine Tasche, obwohl der Bach recht tief ist.
Doch dann kommt ein ärgerliches Erlebnis, ein paar Kinder in Uniform (so was nennt sich Soldaten) halten mich an und wollen etwas von mir, d.h. Spass haben. Nach ein bisschen Diskussion heisst es alle Taschen zeigen. Ich lasse mich nicht von der Strasse wegschieben, da dann ja niemand, der eventuell vorbeikommt mich bemerken würde, sondern bestehe auf einer Durchsuchung an der Strasse. Aus jeder Tasche wollen sie alles sehen, aber das heisst nicht, dass sie alles sehen. Das Geld bleibt z.B. unten. Mit meiner Sonnenbrille wird auch gespielt, nach viel bitten bekomme ich sie wieder (sie meinten eigentlich, dass ich in Khalaikhum eine neue Brille kaufen könnte). Nun ist die Kleidung dran, die ist nicht so interessant, bis als letztes die Essenstasche dran kommt. Da wollen sie dann unbedingt etwas draus haben. Nach viel hin und her biete ich Brot an, aber das ist wohl zu fade, sie verbeissen sich in meine 2 Snickers. Langsam werde ich dann auch ungehalten, bei Snickers hört bei mir der Spass auf. Als ich "Njet" sage wird dann schon die Waffe gezückt und durchgeladen (oder war es nur Show? Als Nichsoldat kann ich das nicht einschätzen), ausserdem meinen sie, dass sie als Soldaten alles dürfen. Ich gebe erst mal nach und biete Kekse an, die mir nicht so gut geschmeckt haben, die sind gleich im Verschlag, doch das reicht nicht. Nachdem wieder die Rede auf die Sonnenbrille kommt und auch Interesse an der Nutella gross ist, lasse ich nach und greife nicht ein, als der eine von den 3en ein Snickers an sich reisst. Dann kann ich endlich weiter fahren.
Ich bin ziemlich entrüstet, 2 km darauf treffe ich nochmal auf Soldaten, eventuell ein Vorgesetzter. Ich will der höheren Charge etwas sagen, aber lasse es beim ersten Luft holen und lasse resigniert ab, es war ja nur ein Snickers, eigentlich nicht der Rede wert und wer weiss ob die nicht alle sich gegenseitig decken würden.
Später erfahre ich von anderen Reisenden von ähnlichen Problemen an etwa der gleichen Stelle, mit 3 Soldaten. Ansonsten trifft man immer nur 2 Soldaten auf Patrouille zusammen. Auch bei anderen wurde mit der Sonnenbrille gespielt und versucht diese einzubehalten. Beliebt war auch der Photoapparat, ich durfte auch einige Bilder herzeigen. Anderen wurde sogar Geld abgenommen, in einem Blog habe ich noch Ärgeres lesen können, schien aber auch an ähnlicher Stelle passiert zu sein.
Die Strasse bleibt mittelmässig, nach der LP (Lonely Planet)-Beschreibung hätte ich eigentlich überall guten Teer erwartet, aber schlechter Asphalt (Dellen und ruppig, wenig Schlaglächer) wechselt mit Kies. Dafür ist es weiterhin genial durch die Schlucht des Panj zu fahren. An beiden Seiten geht es steil rauf, der Fluss hat mächtig Wasser und ab und an ein paar Schnellen. Am faszinierendsten ist es fast, immer wieder nach Afghanistan zu schauen. Dort gibt es mehr Dörfer, mehr Weideland und Ackerland, oft bis weit hoch. Zudem befindet sich drüben immer wieder ein sehr guter Weg. Ich frage mich, ob man den nicht fast mit Auto befahren kann. Aber immer mal wieder liegen Felswände dazwischen, diem mit Nein antworten. Der Weg wird dort recht schmal, an Bächen sind die Brücken oft nur einfach ausgeführt. Und auf einmal sehe ich auch die Urheber des Weges in einer Felswand. Eine afghanische Bauequipe, die mit ihren einfachen Mitteln den Weg herausbricht. Sogar Grossmaschinen sind im Einsatz, ein Presslufthammer, das Barackendorf ist ein Zelt. Einfach faszinierend, da kommt richtig Lust auf mal auf der anderen Seite zu fahren, aber da muss man sich noch gedulden, der Weg ist noch nicht überall fertig, teils führt der Pfad daher sehr hoch über den Hindernissen drüber. In der Folge sehe ich immer mal wieder eine Bauequipe, bei manchen Baustellen kann man auf die Ferne sogar so ein Schild ausmachen, das typisch für die Entwicklungsförderungsprojekte ist.
Doch auch auf meiner Seite tut sich etwas, eine Planierraupe macht gerade die Strasse neu, so dass alle Fahrzeuge warten müssen, bis auf den Radfahrer, der durchschieben darf. Nach ein paar Kilometern hört dann die Schluchtstrecke so langsam auf und die vom LP angekündigte surreale Strasse beginnt. In der Tat ist hier alles piccobello und die 3 Fahrbahnen breite Asfaltstrasse ist mit sauberen überdeimensionalen Betonschutzwänden, die einer deutschen Autobahn das Wasser reichen können, durchs Dorf gefräst. Vor Kalaikhum gibt es aber wieder alte Piste und schliesslich am späten NAchmittag bin ich in Khalaikhum. Nach einem Passcheck (die Strasse über meinen Wunschpass scheint noch immer gesperrt) kaufe ich noch ein. Wie so oft bekommt der erste Laden das meiste Geld ab, später entdeckt man ja dann meist noch 5-10 weitere Läden, mit zum Teil besserer Auswahl.
Nach der Einkaufsorgie geht es noch etwas in den Abend rein. In Jorf will ich dann um 19.00 nach einer Wiese fragen. Erst am Ortsende sagt mir das Ortsbild und die Leute auf der Strasse zu und ich wende mich an 3 Leute, von denen mich dann eine sehr nette Oma mit nach Hause nimmt. Ich will eigentlich nur eine Wiese. Aber da muss ich erst einmal ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten, damit ich nicht im Sommerschlafzimmer lande. Das ist hier die Gartenlaube, wo die ganze Familie auf dem Teppich übernachtet. Die Grosseltern haben einen grossen Garten, wo ich nach einer ausgiebigen Führung einen Platz für das Zelt finde. Unter neugierigen Augen der Enkel wird das Zelt errichtet. Ein bisschen Tee gibt's noch. Nudeln mache ich dann auch mal, bisher konnte ich ja abends nicht kochen (zu müde oder eingeladen). Leider ist die im Lande gekaufte Nudelzubereitung eine Gewürzmischung, die wohl für mehrere Portionen gedacht war, so wird das Essen scharf und ich muss schon ordentlich arbeiten und viel trinken um die Portion runter zu bekommen. Danach fröhne ich noch ein bisschen der Geselligkeit, wie meist, auf Russisch. Die sehr gastfreundlichen Grosseltern waren früher Geographielehrer im Dorf. Von den Kindern ist eine Tochter und der jüngste sohn da, die anderen nicht. Sogar ein Jeep ist im Haus, der damals für xy sowjetisches Geld gekauft wurde. In der Region wird die Zeiteinteilung oft mit präjousna und postsojusna gemacht. Das sowjetische Geld waren aber auch Rubel. Insgesamt bekomme ich den Eindruck, dass es den Leuten hier recht gut geht, die Gegend hat viel Wasser und ist recht grün. Strom ist da, fast jeder hat Satelliten-TV. Viele haben ein AUto, nur die Landwirtschaft wirkt noch seher althergebracht, obwohl es an einigen Orten auch Traktoren und Mähdrescher gibt. Aber viel Felder werden per Hand bestellt und geerntet, teils werden (wie am ersten Tag am Pass vor Nurek gesehen) die Büschel über ein Drahtseil heruntergelassen. Von meinem Gastgeber erfahre ich noch den Unterschied zuschen Tajiken und Kirgisen, es sind die Schlitzaugen. Ich hatte meine Pamirkarte gezeigt auf der ein Yakhirte zu sehen ist, aber die Bevölkerungsmehrheit sind im Pamir eben doch eher die Tadjiken. Lustigerweise ist auf der RKH-Karte Werbung für den Sprachführer Tadjikisch gemacht, zu sehen ist auf dem Cover,... ein Schlitzauge.
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