Samstag, 22. August 2009

2.7. Alternative Wege ins Ferganabecken und unangenehme Zeitgenossen

Zicklein an ehemaliger Zisterne
Nach einem Milchreis und ein bisschen Tee zum Frühstück, geht es nach Gultcha. Um 8 hat noch keine Bank offen, aber man sagt mir schon, dass wohl Euro nicht getauscht werden. Super, was mache ich dann? Nach Osch? Oder Kirgisien mit 19 $ durchfahren?
Zum Glück war der Türwächter der einen Bank nicht so gut informiert, eine andere Bank wechselt doch Euro in Som, sagt mir ein Angestellter vor Öffnungszeit. Ich werfe einen Blick durchs Schlüsselloch, da sieht es eher nach Optiker aus. Eine Tafel mit Zeichen drauf stellt sich als Währungsumrechnungstafel heraus. Super Euro sind auch drauf. Weil die Kassiererin etwas später kommt, versuche ich es bei der anderen Bank nochmal. Doch es gehen wirklich nur Rubel und Dollar. Daher wieder zurück. 100 Euro liegen am Schalter und Schwupp die Wupp bekomme ich 6000 Som, kein Pass keine Quittung, das ging aber schnell.
Team am Bewässerungskanal erstellen
Ewiges Strassendorf
Auf dem Weg zum Pass
Am Pass mit Jurten
Jetzt will ich noch Internet suchen gehen. Aber der Versuch ist trotz vieler Rumfragerei nicht von Erfolg gekrönt, obwohl die Leute immer wieder Ecken nennen, wo es sein muß. Entnervt verlasse ich die Stadt. Ich will nicht über Osch, sondern eine Alternativroute probieren. Es gibt deren mindestens zwei, nach Kara Kuldscha. Eigentlich hatte ich mir in Google Earth schon eine zurechtgelegt, aber ich entscheide mich dann doch für die Vorort gängigere Route. Die hat am Anfang sogar Asphalt. Sie ist wenig befahren und führt ewig durch ein Straßendorf, bis 1900 m, oder noch höher. Erst dann ist es einsamer. Vorher kann man den Leuten gut bei der Arbeit zuschauen, viele sind zu Pferd unterwegs, einmal wird von vielen Leuten eine Bisse angelegt. Der Asphalt ist nicht immer da, nach dem Ort ist nur Schotter. Weiter oben folgen Einzelgehöfte und ganz oben sind Jurten zu sehen, auch an der Passhöhe, die sogar einige große Hinweismonumente auf die Regionsgrenze hat. Dann folgt die lange Abfahrt auf nicht immer einfacher Strecke mit Gegensteigungen. Im Tal ist noch nicht Kara Kuldscha, das folgt erst nach einer Gegensteigung. Im Ort davor bekomme ich von einem Konditor noch einen Zopf geschenkt. Er ist aus Osch und beliefert gerade seine Kunden mit dem eigenen Auto. In Kara Kuldscha studiere ich dann die Karten, aber so richtig schlüssig werde ich dabei nicht. Da kommt ein Mann auf mich zu, nimmt die Karte und setzt sich in den Bus. Ich meine dass er eine eigene Karte hat und mir etwas zeigen will, doch er will die Karte wohl für sich behalten, die anderen Fahrgäste schütteln da nur den Kopf und die Karte ist schnell wieder bei mir, komische Leute hier.
Im Hintergrund hat es noch Schnee
Abfahrt nach Kara Bulak
Es zieht sich raus
Eigentlich wollte ich einen Weg ausprobieren, der über Salamalik nach Kosh Döbö führen sollte, doch der ist nur in der RKH-Karte drinnen und sonst nirgneds. Bei den Russenkarten hatte ich zwar Fahrspuren gesehen, aber das ist mir zu riskant, zumal der Schnee noch recht weit runter reicht und der erste Pass auf 3500 m ist. Daher fahre ich doch den Umweg über Uzgen und Djalalabad, leider. Im nächsten Ort, Myrza Ake dann noch ein unangenehmeres Erlebnis. Ein Auto stoppt hinter mir und der Beifahrer will mit mir reden. Ich halte, zunächst gibt es ein bisschen Smalltalk, dann bietet er mir weiße Kugeln an, so eine Art Milch soll das sein, ich lehne ab, genauso wie den Haschisch, den er darauf hinhält. Dann will er mir noch eine Kirgisin besorgen. Langsam langweilt es mich, bzw wird es mir zu bunt und ich will weiter. Doch er hält meinen Lenker fest. Darauf will er wissen, ob ich Dollar haben. Ich verneine, doch er läßt nicht locker, zeigt auf meine Hemdtasche, wo ich tatsächlich immer Kleingeld drin habe, ich verneine wieder, und sage, dass ich nur Som habe. Er will aber den Tascheninhalt sehen und wird langsam böse, fasst mir an das Hemd, droht mit Fäusten, hält mich am Kragen. Das ganze spielt sich im Ort ab, aber die Leute drum herum nehmen keine Notiz und greifen nicht ein. Mir wird unwohl und ich schalte auf "ne panimaju" und auf "paschalsta" um, immerhin muß ich dann nicht mehr diskutieren. Es dauert seine Zeit, bis ich einen Passanten aufmerksam machen kann, mein Gegenüber hält mich einen Augenblick nicht mehr so fest und ich kann mich losmachen und radle schnell aus dem Aktionsradius des Kerls und fahre schnell weiter Richtung Uzgen. Kurz darauf überholt mich das Fahrzeug, aber nur mit Fahrer. Ein sehr ungutes Erlebnis, am Schluss hatte er mir sogar verbal mit der Pistole gedroht. Jetzt hoffe ich, er stellt mir nicht nach. Vorsichtshalber ist das Pfefferspray jetzt in der Hosentasche.
Brücke vor Kara Kuldscha
Vollbeladen
Dummer Weise weiß er jetzt aus dem Gespräch, dass ich nach Dschalalabad und Kazarman will, er hatte mich sogar vor den bösen Menschen in Kazarman gewarnt.
Ich radle zügig noch mit etwas Schrecken auf Uzgen zu. Da kommt ein anderes Auto angefahren, dass mich wiederum anhalten will. Der Beifahrer schreit immer wieder "drug, drug" (Freund), aber mir reichen die drugs hier und ich versuche mehrmals höflich abzulehnen. Das fruchtet zunächst nicht und so geht es eine Weile vor, neben und hinter dem Auto her, bis er nach einigen Versuchen aufgibt.
Mir reicht es ziemlich, in Uzgen gibt es erst Mal eine 2 l-Pepsi und dann geht es weiter auf der Bypassstrase nach Dschalalabad, die letzten Tagesstunden nutzend. Wind und Straße sind günstig, nur ein Berg muß noch überwunden werden. Viel Verkehr ist unterwegs und gerade am Berg ist der oft vogelwild, die Spur rauf hat zwei Streifen, aber trotzdem kommen Autos runter, die ganz rechts auf meiner Seite sind. Nach einer schnellen Abfahrt, der Teer ist meist gut, so daß man nicht so mit Schlaglöchern rechnen muß, geht es in der Ebene weiter, ich bekomme unten noch eine Tip für eine "Bliska" (Abkürzung) und bin nach einigen Minuten in Dschlalabad, nun noch Nachtlager suchen.
An der Ecke Toktogul/Lenina frage ich und siehe da, in der Toktogul ist auch vom LP etwas beschrieben. Ich beisse in den sauren Apfel und akzeptiere die 450 Som, dafür gibt es gleich eine kalte Dusche, die erste seit ähm, sagen wir längerem. Da Internet schon zu ist, geht es nur noch zum schlemmen ins Restaurant. Pelmeni sind Tortellini und Schaschlik sind gut und günstig.
Nach dem Tag bin ich ziemlich geschafft und schlafe gut ein.

1.7. Morgendliches Rütteln und Gegenwind

Am Morgen noch einmal die verschneiten Riesen des Pamir samt Lenin
Friedhof? mit Perücken?
Ortsausgang von Sary Tash
Geweckt wurden wir von einem leichten Rütteln, ich realisiere gleich, dass es das erste Erdbeben ist, das ich miterlebe, es ist aber nicht sehr stark, nicht mal Geschirr scheppert. Die Russen machen sich bald auf, der Motor wird im Leerlauf erste einmal ordentlich hochgeriegen, bis der Wagen hinter den Abgasen nicht mehr zu sehen ist. Ich mache mich dieweil auf, Geld zu Wechseln und Tien Shan Travel zu finden. Bei beidem bin ich eine Stunde lang nicht so erfolgreich. Schlussendlich wechsle ich zum Grottenkurs von 38 Som zu einem Dollar, daher nur 20 $ getauscht. Euros werden irgendwie gar nicht gerne gesehen.
Mit Tien Shan bin ich noch weniger erfolgreich, es bleibt nur die Hoffnung auf ein Yurtstay 3 km außerhalb.
Noch im Ort treffe ich auf zwei Liegeradler, das müssen wohl die sein, von denen das kanadische Pärchen berichtet hat, haben sich also etwas Zeit gelassen. Komischwer Weise schwärmen sie von ihren Rädern auf Schlaglochpisten und wollen weiter nach China. Ihr Reisemodell ist wie jenes von Thilo und Barbara, Winter in Europa (als Schneeschuhtourenführer) und dann los. Diesmal sind sie von Astana gestartet und wollen nach Nepal. Kurze Zeit später sehe ich sie am Straßenrand bei einem Interview mit dem kirgisischen Fernsehen.
Nachdem ich gezahlt habe, die zwei Schweizer haben sich schon aufgemacht, geht es los. Kurz vor dem Yurtstay realisiere ich, dass ich Führer und sämtliche Karten im Zimmer liegen gelassen habe. Also geht es wieder zurück. Bis auf einen Kugelschreiber ist alles da. Nun geht es aber wirklich los. Das Yurtstay von Sunrise ist schön eingerichtet für 'Touristen, sogar mit mehreren Toileten, aber leider wissen die Leute dort auch nichts von Tien Shan Travel. Nun gut, dann halt kein Border Permit. Wegen des vielen Schnees in den Höhen wäre die gedachte Überquerung der Fergana-Kette wohl eh nicht einfach gewesen, zudem stellt sich im Nachhinein heraus, dass dort wohl doch keine Fahrwege sind. Ärgerlich nur, dass trotz guter Beschreibung dieses Tien Shan nicht auffindbar war, immerhin habe ich kein Geld überweisen müssen.
Erstes touristisches Yurtstay
Kurz vor der Passhöhe
Auch die Kinder sind vor allem zu Pferd unterwegsHirtenlager vor dem Pass
Der Taldykpass
Freude über den letzten Pass des Pamir HWY (den kanonisch letzten umgehe ich auf Schleichwegen)
Die Strasse bietet am Anfang Asfalt, doch dann kommen immer mehr baustellenbeeinflusste Strecken. Die Chinesen haben gleich bei Sary Tash ein Camp. Die Maschinen werden alle von Chinesen bedient, Bagger verbreitern die Trasse, Kipper schütten zusätzliche Ränder auf. Nach dem ersten Pass geht es runter in ein schönes Hochtal, in dem auch Yurten stehen. Nun kommt nochmals ein kurzer Anstieg zum Hauptpass, dem Taldykpass, ein Blick zurück lässt noch einmal die Eiswand eines Bergriesens sehen. Ansonsten ist die Landschaft hier deutlich grüner, als die letzten beiden Tage in Tadschikistan.
Nun folgt eine steile Abfahrt über mehrere Kehren zum Talgrund. Viele Baustellenfahrzeuge sind unterwegs. Nach einigen Kehren überhole ich einen Berieselungs-LKW, ich mag das Rad ja nicht weiter vollschlämmen. Im Trockenen geht es weiter, bis ich bei einem Kontrollblick sehe, dass mit dem hinteren Backroller etwas falsch ist. Hat er sich mal wieder ausgehängt? Dabei waren vor allem die Frontroller in dieser Hinsicht auf der Reise extrem nervig, teilweise im 20 Minuten-Tournus musste ich sie wieder einhängen.
Also stoppe ich kurz um dann mit nicht geringem Entsetzen zu realisieren, dass die Tasche aufgeplatzt ist. Es scheint aber noch nichts herausgefallen zu sein, was an ein Wunder grenzt, da der Riss über 40 cm lang ist und vom Taschenboden bis zum Rollverschluss reicht. Eine Handlung ist erforderlich, es wird also umgepackt. Nur noch die leere Tasche bleibt hängen. Später schnalle ich sie auf, da sie nur im Wind hängt. Der Rest des Gepäcks kommt in den Frontroller und in den Seesack, der nun ein beträchtliches Volumen erreicht.
Blick auf die Abfahrt
Ein letzter Eisriese
Die Kehren von unten
Krasses Materialversagen
Aber bei der Abfahrt gibt es deswegen keine Probleme, nur windschnittig ist was anderes, da die Tasche nach vorne offen ist. Bald hört das steile Kehrenstück auf und es geht durch ein schönes Tal, wo viele Jurten stehen. Bald kommt auch der erste Ort. Doch dann wird es mühsam, da den ganzen Tag ein Gegenwind Kraft kostet. Das nimmt natürlich etwas Motivation. Zudem ist die Strasse oft in schlechtem Zustand, da sie für die Teerung vorbereitet wird, immer noch Chinesen, weiter unten erzählt mir ein Türke etwas von Teer bis in einem Jahr auf dem türkischen Abschnitt, gut 40km, von den Chinesen will er nichts wissen.
Ein guter Anlass für Pausen ist Waschen, das ist bei mir mal wieder fällig. Einen Seitenbach mit klarem Wasser, der mit Büschen schwer einsichtig ist, nutze ich für die schnelle Wäsche, es ist recht kalt, das Wasser.
Bis zum Abend wollte ich in Gulcha sein, nachdem dort aber wohl nur Banken und kein Internet ist, muss ich nicht bis in die Stadt. So ist ein CBT-Schild ein guter Anlass das Tagesziel einzuleuten. Die Dame will 400 Som für das Zimmer, das scheint mir zu teuer, daher zelte ich im Garten und muss mit Frühstück immer noch 280 Som zahlen. Dafür kann ich der bäuerlichen Idylle beiwohnen. Die Kühe und Ziegen werden am Abend alle von den Weiden heruntergetrieben und gemolken. Zimperlich wird mit den Tieren nicht umgegangen. Ich mache mich dann noch an das Rad, um die Bremse nachzustellen und die Ortliebtasche auszuschlachten, die ich wohl nicht mehr gebrauchen kann. Dann wird geschlafen.
Nach dem Pass folgt die Strasse ewig dem Tal nach Gultcha
mit teils schicken Felsformationen
Der Asphalt muss oft noch gelegt werden
2 Generationen alte Straßenbrücke
Nicht mehr ganz so wild wie im Panjtal
Manchmal wird das Tal doch enger
Kurz vor Gultcha

Dienstag, 11. August 2009

30.6. Kühler Empfang in Kirgistan

Die nette Familie bei der ich die Schneenacht verbringen konnte
Es hat aufgehört zu schneien
Tolle Stimmung mit Schnee
lässt die Landschaft noch interessanter erscheinen
Noch einmal ein bisschen Regen
Endgültiges Aufklaren
und ein günstig drehender Wind
ermöglichen ein rasches Vorankommen
entlang des Karakul-Sees
Am nächsten Morgen kann man erst einmal nichts durch das Fenster sehen. Aber das ist keine Täuschung, es ist einfach milchig weiss, weil der Himmel so milchig weiss ist. So war er noch nie in der Früh, normalerweise wird man in der Früh von einem strahlend blauen Himmel begrüßt. Bei genauerem Blick erkennt man auf dem Dach des anderen Hauses Schnee! Es schneit noch immer, der Schnee kommt recht waagrecht daher, leider aus Richtung Karakul. Also mal auf ein bisschen Wetterberuhigung warten.
Nachdem es aufhört zu schneien, obschon es noch kalt ist, überwinde ich mich zum losfahren. Die Sachen sind schnell zusammengepackt, ein Photo und das abgemachte Entgelt gibt es noch. Gut eingepackt fahre ich los, in der Hoffnung, dass das Wetter sich bessert und ich noch den Karakul und den Pik Lenin sehen kann.
Vor dem Losfahren frage ich noch, ab welchem Kilometer ich wieder mit Asphalt rechnen kann. Die Antwort ist: ab 100 m. Super, das hatte ich am Vorabend gar nicht gemerkt. Also los die 40 km nach Karakul düsen. Leider verschlechter sich das Wetter bei der Durchfahrt durch die Hügel vor Karakul noch einmal. Es ist fast Zeit für die Sturmhaube, zum Glück hört das Schneetreiben dann doch bald auf. In der Ferne scheint etwas bläulich durch, es gibt also doch noch wolkenlos. Dafür hat der Schnee jetzt eine zauberhaft gestimmte Landschaft erzeugt, es ist alles leicht angezuckert. Auf halbem Weg kommen mir noch zwei Hirten mit einer Ziegenherde entgegen. Sie wollen nach Muskol, dem Ort an dem ich übernachtet hatte. Der Wind hat nun gedreht und so geht es zügig nach Karakul. Im Ort selbst werde ich gleich von einer Homestaybesitzerin angeredet, aber ich will am morgen noch kein Lager beziehen. Sie meinte, dass gerade vor einer Stunde zwei Radler von ihr aufgebrochen wären, mit einem Basar kann sie mir leider nicht weiter helfen, aber eigentlich brauche ich ja nichts.
Der letzte Ort vor der Grenze, Karakul
Gleich geht es nochmal höher
Touristensammelpunkt
Rückblick auf den grossen See
Also geht es weiter und schon beim nächsten Weiler steht ein untypisches Rad herum, da sind wohl doch schon die zwei deutschen Radler. Sie sitzen in Campingstühlen vor einem Tisch, das Inventar ist jedoch von zwei Automobilisten, einem Wiener, der mit einem, Allrad-VW-Bus vom österreichischen Heer unterwegs ist. Außerdem ist ein Wuppertaler Mercedesbus da, der schon etwas hergenommen aussieht. Und in der Tat will dieser auch umkehren, zum einen weil das Auto Probleme macht, zum anderen aber auch, weil seine kirgisische Freundin keine Lust mehr hat und Heim will. Dafür werde ich noch auf einen Tee eingeladen. Der Wiener hat etwas Sorge, da er meint, dass er sich ein bisschen höhenkrank fühlt, da ihm übel ist. Vielleicht wir es in Murghab besser. Die Radler machen sich bald weiter auf und ich folge einige Zeit später. Nach ein paar Pausen(Anzieh, Klo, Mittag, Kette schmieren) kann ich auch mal wieder Stoff geben, wobei es den teils steilen vorletzten Pass nur langsam hochgeht. An der Passhöhe überhole ich Barbara, die schlechten Strassenverhältnisse lassen ein Windschattenfahren für sie nur kurz zu, der Gegenwind scheint etwas zu nagen. Hinter dem Pass wartet Barbaras Begleiter Thilo. Von ihm erfahre ich noch mehr. Die beiden sind im Winter eher in Deutschland und fahren dann meist im März in die Welt. Bei dieser Tour wollen sie zudem den Pik Lenin machen, bei den Schneemengen billige ich ihnen im Juli aber wenig Erfolgsaussichten zu. Sie haben am Rad schon ihre Rucksäcke aufgeschnallt aber sonst nur kleine Lenkertaschen, die Ausrüstung für den Lenin soll dann in Osh bei der gleichen Agentur (Tien Shan Travel), bei der ich den Permit angefordert habe, ausgeliehen werden und die Agentur soll auch bei der sonstigen Logistik helfen.
Die ersten Meter auf den Uy Bulak Pass
Barbara am Pass kämpft gegen den Wind
Letzte Kette vor Kirgistan
Großartige Berge in Sicht
Ob da ein 7000er dabei ist?
Der Grenzzaun zu China folgt der Strecke oft
Auch heute ein bisschen Wellblech
Einsamer Farbtupfer
Kleiner Strassenunterbruch
Da es recht kühl bleibt, kommt der Annorak wieder raus. Die beiden fahren schon mal weiter, in der Ebene vor dem letzten Pass wollen sie noch kurz Mittag machen. Ich nehme ihnen allerdings die Hoffnung auf einen Ort oder Cafe, wie in ihrer Karte eingezeichnet oder von ihrer Gastgeberin angegeben. Im Homestay in Karakul sind die beiden übel abgezockt worden. Über 120 Somoni wurden ihnen abgeknüpft, man sollte halt doch vorher fragen, am Schluss scheint die Gastgeberin mit einer detaillierten Preisliste gekommen sein. Ich fahre den letzten Pass im kühlen Gegenwind hoch. Nach einigem Geüdel und einer kurzen Strassenunterbrechung, wo umschoben werden muss, sehe ich die Grenzinstallationen der Tadschiken. Zuerst werde ich in die erste Kiste gelotst, es hat hier einige Installationen der Tadschiken. Dort wir mir erst einmal ein Tee angeboten, die Passdaten aufgeschrieben und eine Unterhaltung begonnen. Es stellt sich heraus, dass das die Drogenkontrolle ist. Ich gebe vorsichtshalber an, nichts dabei zu haben und interessiere mich dafür, wie relevant der Schmuggel ist. Man erklärt mir daraufhin die verschiedenen Varianten, zum einen die, welche die Drogen im Magen verschluckt transportieren, dann die, welche zu Fuss über die Grenze gehen und auch noch die welche Pferd oder Esel nehmen. Es ist zwar eh nur die Grenze nach China mit Stacheldrahtzaun gesichert, aber der dürfte nicht viele abhalten, da es immer wieder Durchschlüpfe gibt.
Dann kann ich endlich zur nächsten Stelle, wider Versprechen, gibt es dort immer noch nicht den notwendigen Ausreisestempel, sondern ich werde zur nächsten Kiste geschickt und zur nächsten... Nach einem weiteren Mal Passdaten aufschreiben kommt endlich die Stempelstelle, es dauert nur etwas länger. Derweil schwärmt ein in Gegenrichtung fahrender Franzose etwas von Sary Mogul und dem Pik Lenin vor. Allerdings wäre er gestern mit dem Jeep nicht bis ins Basislager gekommen, da Schnee liegt. Kurz bevor ich abgefertigt bin, kommt noch Thilo nach, der wohl seine Kollegin etwas alleine gelassen hat.
Interessanter Weise wird bei der Abfertigung nie das kirgisische Visum kontrolliert, das war nämlich nicht vorhanden, da es im anderen Pass ausgestellt wurde, den ich nicht zeigte. Auch die Kirgisen schauen später nicht nach, ob ich aus Tadschikistan ausgereist bin. Nach der Abfertigung geht es noch 500 m rauf, es liegt hier noch ein bisschen Schnee vom Neuschneefall heute Nacht rum.
Der Kyzyl Art Pass
ist die Grenze
Auf schlammiger Strasse
geht es runter
Arme Ausrüstung
Schild für den Pass auf der kirgisischen Seite
Von oben gibt es nochmal einen genialen Blick auf die Gletscherberge. Dann geht es schon steil runter. Leider schmilzt der gefallene Schnee schon eifrig und so ist die Fahrbahn gelinde gesagt etwas maschig, die Frontroller werden ordentlich eingedeckt mit einer dicken Ladung Schlamm. Und auch das Rad sieht übelst aus, es lässt sich aber leider nicht verhindern, also Augen zu und durch. Auf der kirgisischen Seite stehen zwei LKW in den letzten Kehren, einer scheint einen Motorschaden zu haben. Kurzer Wink und weiter geht es, es ist weiterhin recht kühl. Die Strasse wird zwar nicht viel besser, dafür trockener, aber das Rad kann eh nicht dreckiger werden. An einem Bach mit (ausnahmsweise) klarem Wasser mache ich Pause und befreie zumindest die Ortliebs vom Dreck. Die Bremsen geben ordentliche Schabgeräusche von sich, die armen Felgen. Die steile Abfahrt findet dann zum Glück auch mal ihr Ende, Asphalt stellt sich ein und im Seitental wird wieder die weisse Wand eines Bergriesen sichtbar. Bald darauf sind die ersten Viecher zu seine, einige Yaks, die sich durch das Fotografieren nicht stören lassen. Nach dem ersten Hof kommt die kirgisische Grenzabfertigung in Sicht.
Flacher geht es an breiten Kiesflächen entlang
die gleissend weissen Bergriesen
lassen den Atem stocken
Erste kirgisische Bewohner gesichtet
Sie lassen sich aber nicht stören
Ein erster Blick
sieht eigentlich ganz freundlich aus

Noch mehr grosse Kulisse
Kiesebene-Terrasse-Berge
50 m davor überkommt mich ein dringendes Bedürfnis, so dass ich vor den Augen der Grenzer einen U-Turn mache und hinter einem grossen Stein Deckung suche, man weiss ja nie, wie lange es dauert. Nach der ERleichterung kann die Abfertigung erfolgen. Alles geht RazzFazz, auch wenn wieder 3 Stellen angelaufen werden müssen. Es ist 18.00und ich will noch nach Sary Tash, das sollen noch 25 km sein, aber ich habe die Rechnung ohne den Wind gemacht, der quält mich trotz abfallender Strasse gewaltig. Dafür ist die Strasse mit Schlaglöchern abwechslungsreich und rechts und links sind immer wieder Yaks, Kühe, Pferde, Ziegen Schafe und Yurten zu sehen. Auf halber STrecke überholen mich noch zwei Schweizer auf dem Motorrad. Sie sind auf einer 8 Wochen Tour. Der verdammte Ort will trotzdem nicht näher kommen, endlich passiere ich die von weitem sichtbaren Radargeräte und darauf eine Kaserne mit Panzern. Irgendwie sieht die Armee hier um Welten besser ausgerüstet aus, als in Tadschikistan.
Endlich die Brücke, um kurz vor halb 8 bin ich dann im Ort, wo ich mich nach Tien Shan Travel erkundige, aber dann doch das nächstbeste Hotel nehme. Davor stehen auch schon die 2 Motorräder der Schweizer. Da es immer noch erstaunlich kalt ist, obwohl wir schon auf 3200 m unten sind, gönne ich mir ein Hotelzimmer, es ist riesengross. So gross, dass dort auch noch zwei spät ankommende Russen untergebracht werden. Beim mageren Abendessen unterhalten wir (Schweizer) uns noch länger bis die Wirtin uns ins Bett schickt. Die Schweizer sind in der Lebensmittelbranche tätig, einer von ihnen führt einen Vertrieb für Nischenkäseprodukte, der andere ist Maschinenbauer und hat ein Ingenieurbüro für Lebensmittelmaschinen. Beide sind von zu Hause aus los und werden ab Novosibirsk mit den Motorrädern zurückfliegen. Ich lerne so einiges über Käse und Sinn und Unsinn der EU-Richtlinien, die zum Alpsterben führen. Am Schluss zeigt einer der Motorradfahrer noch das Ergebnis einer heutigen Fehleinschätzung. Bei den kirgisischen Grenzern war ein Hund der schon mich verfolgt hatte. Ich war stehen geblieben, der Motorradfahrer dachte nicht, dass er ernst macht. Ergebnis: Der Hund beist ihm ins Bein, durch die schwere Motorradmontur. Und bei der Weiterfahrt verfolgt er die beiden weiter, mit ihrer Maschine können sie gerade noch ausreichend beschleunigen, man muss ja noch auf die Schlaglöcher aufpassen.
Im Zimmer geht die Unterhaltung mit den Russen weiter. Sie sind aus Moskau, einer Anwalt, der andere in der Finanzbranche bei einer Versicherung. Vorher war er bei Shell, daher bekomme ich die Hintergründe vom Sachalin-Deal mit auch auch Georgien wird ausführlich diskutiert. Die beiden wollen dann morgen mit ihrem gemieteten Jeep in den Pamir schauen, aber nur zum höchsten Pass, also wohl 1 Tag, zumal sie kein GBAO-Permit haben, aber mit Geld lässt sich anscheinend das meiste lösen.
Die beiden Schweizer MotorradfahrerBlick zurück, kurz vor Sary Tash