Von meinem Übernachtungsplätzchen bei Pish, sollte es heute eigentlich, da es ja keine 100 km sind, problemlos bis Khorog gehen, meinem gedanklichen ersten Etappenziel. Bei Pish weitet sich das Tal und der Panj fliesst deutlich langsamer, fast wie ein See, auch sehr schön anzuschauen und eine Abwechslung zum flotten Fliessen der Vortage. Der Talgrund wird intensiv genutzt und bis Rushan gibt es einige Dörfer. Danach kommt dann bald der Abzweig zum Sarezsee, der wohl irgendwann mal leer laufen wird. Der See existiert erst seit Anfang des 20. Jh und wurde durch einen riesigen Bergsturz gebildet, den ein Erdbeben auslöste. Es ist der höchste Staudamm (500m gegen 300 m, der Nurek auch in Tadjikistan ist der höchste menschengemachte), den es auf der Welt gibt, wenngleich er natürlich ist, gewissermassen ein Erdschüttdamm, allerdings ohne Kern mit Dichteschleier und natürlich ohne Standnachweis und Bauzeichnungen. Daher ist er ziemlich kritisch für die Region, er könnte irgendwann brechen und eine unvorstellbare Flutwelle auslösen. Am wahrscheinlichsten scheint mir da rückschreitende Erosion zu sein. So entleerten sich auch bei uns einige Seen in vorhistorischer Zeit. Zum See kommt man leider nur mit Sondergenehmigung eines Ministeriums in Dushanbe.
Der Abzweig ins Bartang bringt einen auch auf kürzerem aber deutlich schlechteren Wege zum Karakul.
Im Dorf Rushan erwische ich leider mal wieder eine Süssstofflimo, der bald darauf trotz Prüfens ein Süssstoffcola folgt. Mit ein paar Pausen komme ich gut bis Khorog. Vor Khorog befindet sich noch ein Grenzübertritt mit Brücke nach Afghanistan und der Flughafen. Auf diesem steht noch der Heli, der heute recht hoch über mir den Panj entlang geflogen war. Eine schweizer Flagge ist auf ihn aufgemalt, keine Ahnung von welcher Institution er ist, evtl vom Aga Khan.
Neben Einkäufen, von vielen Seiten hiess es, Khorog wäre der letzte Ort an dem man sich vernünftig eindecken konnte, wollte ich noch kurz ins Internet. Leider scheint es die im LP angegebenen Internetcafes nicht mehr zu geben, aber mit ein bisschen Fragen finde ich dann doch eines, um zu Hause Bescheid zu geben. Natürlich sind noch andere Touristen da, sogar Radler aus der Gegenrichtung. Ein älteres kanadisches Ehepaar, welches auf einjähriger Tour von Thailand nach Europa ist. Duch Kirgistan konnten sie nur die einfachen Teerstrassen der Hauptverbindungsstrecken fahren, da noch zu viel Schnee lag. Sie sind von Murghab nach Khorog durchs Wakhan genau meine beabsichtigte Route gefahren, Respekt. Natürlich war das Tempo etwas langsamer und sie gönnen sich jetzt auch mal einen Ruhetag. Sie erzählen vom Sand und dass man auch einiges Schieben muss. Einige Radler in Gegenrichtung haben sie auch getroffen, wenngleich diese wohl schon recht weit weg sein müssen. Momentan beschäftigt sie aber die etwas längerfristige Weiterreise, da der Iran wegen der Unruhen wohl ausfällt und damit auch Turkmenistan wegen der Transitvisavergabe schwieriger wird. Von schlechten Erlebnissen anderer wird berichtet, z.B. von Soldaten, die mit durchgeladener Waffe Geld fordern. Oder von Liegeradlern die wohl auch die Wakhanstrecke gefahren sind und recht häufig auf der Schnauze lagen. Wir verabschieden uns herzlich, nachdem sie mein Rad begutachtet haben, anscheinend fahren wir ein sehr ähnliches Setup.
Im Ort mache ich dann noch Einkäufe, am letzten Laden finde ich sogar noch das einheimische Pendant zu Gummibärchen. Dort unterhalte ich mich auch noch ausführlicher mit einer einheimischen Studentin. Als wir auf eine Route zu sprechen kommen, erhebt auf einmal hinter mir ein Auslänger die Simme. Es ist Viktor, ein Amerikaner, der seit September hier ist. Er arbeitet bei eienr Entwicklungshilfeorganisation und kümmert sich um Yaks, von ihm erfahre ich einige interessante Sachen, a.a., dass dieses Jahr wohl das feuchteste und kühlste Jahr der letzten 25 Jahre ist. Es hatte viel Schnee und die Saat erfolgte recht spät. Das wird auch eine späte Ernte geben, was nicht gerade gut für die Ernährungssituation ist. Er erzählt von Sterberaten von 33 % bei den Yaks. Die Herden wurden im Winter vor allem durch Wölfe so stark dezimiert, da diese durch den harten Winter besonders weit vordrangen und aggresiv waren. Ich begleite Viktor noch auf seinem Heimweg, ich will ja nicht direkt in Khorog übernachten, sondern noch ein paar km in die Abendstimmung fahren. Er erzählt noch einiges zu den Hintergründen hier. Der amtierende Präsident hat wohl damals zu Bürgerkriegszeiten in echter Stalinmanier versucht den Pamir durch eine Hungerblockade menschenleer zu bekommen. Da nur eine Strasse zur Versorgung bestand, wurde diese blockiert. Der Entwicklungshelfer vom Hinflug hatte mir ja schon was von damals erzählt, die Leute sollen im Wakhan über den Panj geschwommen sein und in Afghanistan nach Brot gebettelt haben. Das war für mich schon eine erstaunliche Erzählung, wobei ich sie jetzt besser nachvollziehen konnte, da die afghanische Seite durchaus nicht absolut ärmlich aussah (auf die Ferne). Gelöst wurde die Hungerblockade erst mit Hilfe von internationalen Organisationen und dem Aga Khan. Es soll wohl eine bedeutende Summe an Bestechungsgeld an den Präsidenten geflossen sein.
Der Aga Khan, der auch das religiöse Oberhaupt der hier lebenden Ismaeliten ist, hat seitdem noch mehr einen Heiligenstatus, als er sowieso schon hat. Er fördert die Region auch weiterhin intensiv, z.B. mit der Universität von Zentralasien in Khorog. Hier in der Gegend trifft man auf relativ viele englisch sprechende Pamiris.
Viktor hat schon einen Winter hinter sich, der muss hart gewesen sein, da die Häuser ja recht schlecht isoliert sind. Er lebt in einer einheimischen Familie, und kann daher schon einige Brocken des Khorog-Dialektes (oder besser Sprache, jedes Tal hat hier seine eigene Sprache). Ein bisschen erinnert er mich an Erik, den ich in Mali-Ville getroffen hatte. Wir verabschieden uns dann aber, als er zu Hause angekommen ist.
Ich fahre noch bis Pish, wo mir als Übernachtungsplatz ein nach dem Dorf kommendes Restaurant empfohlen kommt, beim zweiten horizontalen Wasserfall. Komische Beschreibung, wie kann denn ein Wasserfall horizontal sein? Er war dann doch eher senkrecht. Da es nun mal ein Restaurant ist, nehme cih noch das einzig verfügbare Gericht, Buchweizen mit Kotlett, wobei das Kotlett sich eher als Fleischpflanzl entpuppt, allerdings aus Fisch. Dafür ist die Übernachtungsterrasse neben dem Wasserfall ganz nett. Über dem Wasserfall hätte ich ohne Heringe auch übernachten können, dort sind zwei Eisenplatten, wohl als Standfläche für eine Sitzgruppe angeordnet.
Am Abend gab es dann noch eine üble Pfefferattacke. Ein Pfefferdöschen hatte sich in meinem Nachrungssäckchen geöffnet und im Baumwollbeutel breit gemacht. Darauf habe ich den Beutel vor dem Zelt ordentlich ausgeschüttet. Bequemerweise natürlich nur in die Apsis. Der aufkommende Wind hat jedoch einen Teil wieder reingetragen, leider auch in mein Auge. Es daeuerte etwas, bevor ich mit viel kaltem Wasser und leidendem Warten das Brennen wieder aus dem Auge bekam. Danach konnten noch übliche Reparaturen gemacht werden, wie das Nähen meiner schon reichlich mitgenommenen Hosen und kleine Reparaturen an den Ortliebs.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen