Geweckt wurden wir von einem leichten Rütteln, ich realisiere gleich, dass es das erste Erdbeben ist, das ich miterlebe, es ist aber nicht sehr stark, nicht mal Geschirr scheppert. Die Russen machen sich bald auf, der Motor wird im Leerlauf erste einmal ordentlich hochgeriegen, bis der Wagen hinter den Abgasen nicht mehr zu sehen ist. Ich mache mich dieweil auf, Geld zu Wechseln und Tien Shan Travel zu finden. Bei beidem bin ich eine Stunde lang nicht so erfolgreich. Schlussendlich wechsle ich zum Grottenkurs von 38 Som zu einem Dollar, daher nur 20 $ getauscht. Euros werden irgendwie gar nicht gerne gesehen.
Mit Tien Shan bin ich noch weniger erfolgreich, es bleibt nur die Hoffnung auf ein Yurtstay 3 km außerhalb.
Noch im Ort treffe ich auf zwei Liegeradler, das müssen wohl die sein, von denen das kanadische Pärchen berichtet hat, haben sich also etwas Zeit gelassen. Komischwer Weise schwärmen sie von ihren Rädern auf Schlaglochpisten und wollen weiter nach China. Ihr Reisemodell ist wie jenes von Thilo und Barbara, Winter in Europa (als Schneeschuhtourenführer) und dann los. Diesmal sind sie von Astana gestartet und wollen nach Nepal. Kurze Zeit später sehe ich sie am Straßenrand bei einem Interview mit dem kirgisischen Fernsehen.
Nachdem ich gezahlt habe, die zwei Schweizer haben sich schon aufgemacht, geht es los. Kurz vor dem Yurtstay realisiere ich, dass ich Führer und sämtliche Karten im Zimmer liegen gelassen habe. Also geht es wieder zurück. Bis auf einen Kugelschreiber ist alles da. Nun geht es aber wirklich los. Das Yurtstay von Sunrise ist schön eingerichtet für 'Touristen, sogar mit mehreren Toileten, aber leider wissen die Leute dort auch nichts von Tien Shan Travel. Nun gut, dann halt kein Border Permit. Wegen des vielen Schnees in den Höhen wäre die gedachte Überquerung der Fergana-Kette wohl eh nicht einfach gewesen, zudem stellt sich im Nachhinein heraus, dass dort wohl doch keine Fahrwege sind. Ärgerlich nur, dass trotz guter Beschreibung dieses Tien Shan nicht auffindbar war, immerhin habe ich kein Geld überweisen müssen.
Die Strasse bietet am Anfang Asfalt, doch dann kommen immer mehr baustellenbeeinflusste Strecken. Die Chinesen haben gleich bei Sary Tash ein Camp. Die Maschinen werden alle von Chinesen bedient, Bagger verbreitern die Trasse, Kipper schütten zusätzliche Ränder auf. Nach dem ersten Pass geht es runter in ein schönes Hochtal, in dem auch Yurten stehen. Nun kommt nochmals ein kurzer Anstieg zum Hauptpass, dem Taldykpass, ein Blick zurück lässt noch einmal die Eiswand eines Bergriesens sehen. Ansonsten ist die Landschaft hier deutlich grüner, als die letzten beiden Tage in Tadschikistan.
Nun folgt eine steile Abfahrt über mehrere Kehren zum Talgrund. Viele Baustellenfahrzeuge sind unterwegs. Nach einigen Kehren überhole ich einen Berieselungs-LKW, ich mag das Rad ja nicht weiter vollschlämmen. Im Trockenen geht es weiter, bis ich bei einem Kontrollblick sehe, dass mit dem hinteren Backroller etwas falsch ist. Hat er sich mal wieder ausgehängt? Dabei waren vor allem die Frontroller in dieser Hinsicht auf der Reise extrem nervig, teilweise im 20 Minuten-Tournus musste ich sie wieder einhängen.
Also stoppe ich kurz um dann mit nicht geringem Entsetzen zu realisieren, dass die Tasche aufgeplatzt ist. Es scheint aber noch nichts herausgefallen zu sein, was an ein Wunder grenzt, da der Riss über 40 cm lang ist und vom Taschenboden bis zum Rollverschluss reicht. Eine Handlung ist erforderlich, es wird also umgepackt. Nur noch die leere Tasche bleibt hängen. Später schnalle ich sie auf, da sie nur im Wind hängt. Der Rest des Gepäcks kommt in den Frontroller und in den Seesack, der nun ein beträchtliches Volumen erreicht.
Aber bei der Abfahrt gibt es deswegen keine Probleme, nur windschnittig ist was anderes, da die Tasche nach vorne offen ist. Bald hört das steile Kehrenstück auf und es geht durch ein schönes Tal, wo viele Jurten stehen. Bald kommt auch der erste Ort. Doch dann wird es mühsam, da den ganzen Tag ein Gegenwind Kraft kostet. Das nimmt natürlich etwas Motivation. Zudem ist die Strasse oft in schlechtem Zustand, da sie für die Teerung vorbereitet wird, immer noch Chinesen, weiter unten erzählt mir ein Türke etwas von Teer bis in einem Jahr auf dem türkischen Abschnitt, gut 40km, von den Chinesen will er nichts wissen.
Ein guter Anlass für Pausen ist Waschen, das ist bei mir mal wieder fällig. Einen Seitenbach mit klarem Wasser, der mit Büschen schwer einsichtig ist, nutze ich für die schnelle Wäsche, es ist recht kalt, das Wasser.
Bis zum Abend wollte ich in Gulcha sein, nachdem dort aber wohl nur Banken und kein Internet ist, muss ich nicht bis in die Stadt. So ist ein CBT-Schild ein guter Anlass das Tagesziel einzuleuten. Die Dame will 400 Som für das Zimmer, das scheint mir zu teuer, daher zelte ich im Garten und muss mit Frühstück immer noch 280 Som zahlen. Dafür kann ich der bäuerlichen Idylle beiwohnen. Die Kühe und Ziegen werden am Abend alle von den Weiden heruntergetrieben und gemolken. Zimperlich wird mit den Tieren nicht umgegangen. Ich mache mich dann noch an das Rad, um die Bremse nachzustellen und die Ortliebtasche auszuschlachten, die ich wohl nicht mehr gebrauchen kann. Dann wird geschlafen.
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