Langsam beginnt der lange Abstieg zum Fluss Tanimas, zunächst geht es noch über einen mittelgrossen Bach, dann wird die Strasse zunächst eher in der Höhe querend am Hang geführt, sogar noch mit einer längeren Gegensteigung. Nachdem wir jetzt nicht mehr im Flachen sind, liegen wieder jede Menge Steine darauf. Einmal gibt es sogar eine Abzweigung auf eine 3 Spuren breit geschobene Piste, die aber wohl nie fertig gestellt wurde, angesichts der Führung im Hang wurde hier viel Arbeit aufgewendet. Da wir der Autobahntrasse gefolgt sind, müssen wir wieder mühsam auf die ursprüngliche Piste zurückschieben. Jetzt geht es steil runter, die Bremsen werden ausnahmsweise mal wieder voll eingesetzt. Im Hintergrund tut sich ein grosses Braided River-System auf, der Fluss wird von einem grossen Gletscher gespiesen und nimmt den ganzen Talgrund ein. Eine Querung wäre nicht vorstellbar. Umrahmt ist er von hohen Gletscherbergen. Die Abfahrt will nicht enden, leider, denn die Höhenmeter sind damit nur sinnlos verbremst, lieber hätten wir sie bis Ghudara mitgenommen. Wir müssen tatsächlich bis auf das Niveau des grossen Gletscherflusses herunter.
Nun geht es das Tal entlang bis Ghudara, der erste Ort seit Murghab, Muzkol kann man ja nicht als solchen zählen. Doch die Strecke bietet noch einige Überraschungen. Bis Ghudara müssen unzählige Schwemmkegel überquert werden. Diese haben teils noch recht frische Ablagerungen, so dass die Piste oft mal verschwindet. Im groben Geröll der Kegel kann oft nur geschoben werden. So kommen wir nur langsam vorwärts. Dafür freuen wir uns über die ersten Sträucher und auch eindrucksvolle Bäume, Bäume hat es seit dem Shokdaratal nicht mehr gegeben. Nur an wenigen Stellen stehen diese riesigen alten Birken, sie zeigen Stellen an, welche lange nicht von Lawinen getroffen wurden. Ansonsten ist hier die morphologische Dynamik recht hoch, es wäre nicht leicht einen sicheren Platz für ein Haus zu finden. Entsprechend wenig menschliche Hinterlassenschaften sieht man. Immerhin überholen wir den Mann mit Esel, dessen Spuren wir seit Stunden verfolgen (neben denen der 4 Radfahrer vor uns).
Bevor wir Mittag machen können, wollen wir noch die zwei grössten Seitenbäche überquert haben, wie schon in den letzten Tagen auch, richtet sich unsere Fahrtaktik am Schmelzwasser aus. Am ersten der Bäche, die weniger tragisch sind, als die Karte vermuten lässt, lassen intensive Rottöne der umliegenden Berge aufschauen. Nach dem zweiten Bach rollen wir noch zum nächsten Schatten. Kurz davor passieren wir noch zwei Fussgänger, die ohne grosses Gepäck hier unterwegs sind. So richtig können wir sie nicht einordnen. Am Nachmittag warten dann weitere Schwemmkegel auf uns und ein sogenannter "Sjell". Schon vorher hatten wir teils recht feine Sedimente überfahren, die schön hart waren. Nur dieses Mal gibt es einen noch frischeren Murkegel, der sämtliche Spuren verschluckt hat. Zunächst geht es gut, doch in der Mitte verläuft der Bach und dort ist die ganze Masse noch sehr weich, man versinkt immer tiefer. Daher versuchen wir eine geeignete Stelle zu finden, an der ein grosser Stein einen Teil des Morrasts überbrückt. Nur auf der anderen Seite des Baches heisst die Devise Schnelligkeit, man muss sich irgendwie flink über den zähflüssigen Zement herüberstehlen.
Es kann bezweifelt werden, dass ein Auto hier durchkommt. Wie wir im Nachhinein erfahren hat es auch ein Esel nicht über diese Stelle geschafft, er verendet am Murkegel.
Die Piste ist weiter in miserablem Zustand, plötzlich steht ein Motorrad mit Seitenwagen vor uns, wie hat das nur die ganzen Murkegel geschafft? Spuren haben wir zumindest keine von ihm gesehen und infolge Platten ist es erst einmal immobil. Keine 500 m weiter sehen wir, dass das Motorrad wohl ganz blockiert ist, hier hat der Fluss die Piste mitgenommen und einen steilen Prallhang übriggelassen. Es geht nur zu Fuss auf dem steilen Kies weiter. Aber hier sind auch jede Menge Leute, die wohl den Fussweg herrichten und auf der anderen Seite steht ein Geländebus. Uns wird beim Tragen von Gepäck und Rad geholfen, einer der Helfer bittet noch um Flickzeug, für sein Motorrad. Ich gebe ihm eine angebrochene Packung Flickzeug. Dina verteilt noch ein paar Zigaretten unter den Helfern. Der Bus auf der anderen Seite hat ein paar Passagiere dabei, die wir nicht ganz zuordnen können, es sind Alpinisten, aber als uns einer in perfektem Deutsch anspricht bin ich ganz verwirrt. Sie stellen sich aber als Russen heraus, die 4 Wochen am Fedjenkov-Gletscher unterwegs waren. Sie wollen jetzt auf schnellstem Wege nach Dushanbe, da ihr Flugzeug in 2 Tagen geht. Moment, was suchen die dann hier, über Murghab ist doch sicher nicht der schnellste Weg, der geht doch vorne raus. Anscheinend hat man ihnen aber anderes erzählt, die Strasse soll auf 100 km nicht mehr befahrbar sein, daher fahren sie über Murghab. Sie sind selbst erst in Savnob auf den Boden der Tatsachen gekommen, sie hatten erwartet dort nach 4 Wochen einsamem Gletscher wieder in der Zivilisation zu sein und keine Probleme für einen Transport nach Dushanbe zu haben. Nun wurden sie nur das kurze Stück hierhergebracht und sollen dann von einem anderen Fahrzeug abgeholt werden, das gerade erst in Murghab losgefahren ist. Zum Glück haben sie ein Sat-Phone dabei, sonst wäre das wohl gar nicht zu organisieren gewesen. Leider können wir ihnen nicht von dem anderen Bus berichten, wir haben seit den kirgisischen LKW auf der Umfahrung nach Karakul kein fahrendes Auto mehr gesehen. Sie scheinen sich aber auf einen 30 km-Marsch in der Nacht eingestellt zu haben, da sie nicht genau wissen, wo das entgegenkommende Auto auf sie warten wird, ganz durchfahren kann es wegen Muren und der abgerutschten Strasse sowieso nicht. Dina ist etwas geschockt vom Aussehen der Alpinisten, für 4 Wochen hatten sie wohl nicht die Möglichkeit ausreichend Lebensmittel zu tragen, daher sieht man deutlich, wie sie Gewicht verloren haben.
Die Fahrer des Geländebusses bieten uns an, dass wir bis Savnob mitfahren können, aber wir lehnen dankend ab, die Landschaft ist ja wunderschön und ein Zeitproblem haben wir noch nicht. Das wird wohl nicht ganz verstanden, aber Dina hätte im Nachhinein wohl doch lieber den Bus genommen. Unsere Ukrainskies sind wohl immer noch vor uns, die Russen hatten sie auch getroffen. Wir verabschieden uns und wünschen ihnen viel Erfolg, aber ob sie den Flieger erwischen erscheint mir noch fraglich, angesichts des Umweges.
Wir holpern weiter auf der Strasse, wir wollen noch bis kurz vor Ghudara, dort habe ich einen guten Schlafplatz auf der russischen Generalstabskarte ausgemacht, es sind dort Quellen und etwas Grün eingezeichnet. Allerdings zieht es sich noch etwas und die Piste bleibt sehr rauh, bzw. grob-steinig. Wir sind daher froh als wir uns direkt neben der Strasse an einem Bächlein mit frischem Wasser und ein paar Bäumen niederlassen können. Die Apsis spannen wir halb über das Bächlein ab. Daher wird noch ein bisschen am Wasser gespielt, d.h. Bach eingetieft und Wall erhöht um Nachts nicht Überraschungen zu erleben. Dina fürchtet etwas, dass wir zu nah an der Piste sind, aber ich erwarte hier definitiv eine ordentliche Nachtruhe, wer soll hier schon kommen.
Denkste, kaum sind wir am Abendessen kommt ein Vater mit Sohn daherspaziert. Wir unterhalten uns kurz, sie kommen von Rukch, noch ein kleiner Weg dahin. Daher gibt es noch eine Erfischung am Wasser. Brot bekommen wir auch noch gleich angeboten, sie sind wohl heute von Murghab gekommen und vom Auto herausgelassen worden, wo es nicht mehr weiterkommt. Wir erkundigen uns dann gleich ob die Russen umgekehrt mit ihnen zurückfahren konnten. So genau ist das nicht zu verstehen, aber im Nachhinein glaube ich, dass sie sich nicht geeignigt hatten. Nach und nach kommt immer mal wieder ein Grüpchen mit Taschenlampe vorbei, alles Passagiere des Geländebusses. Mit einigen unterhalten wir uns über den Weg nach draussen, die Russen haben uns doch etwas verunsichert. Die Leute meinen, aber dass es im Prinzip schon möglich sein müsste, man muss halt eventuell über die Pässe (Peredaval). Schlafen können wir dennoch gut.
Der nächste Morgen sieht uns schon sehr früh fluchen, die Piste ist der absolute Sturzacker und wir wünschen uns das Auto zurück. Zum Glück sind es ja nur wenige km bis Ghudara, wunderschön anzuschauen von der Piste, wie ein Strassendorf, die weiter oben rauskommt. Bei der Abfahrt legt es mich sanft auf die Strasse. Am Morgen ist schon einiges unterwegs im Dorf, wo es mich gleich ein zweites Mal legt, es hatte eine selten glatte Schlammschicht am Boden. Zum Glück ist das Kopftuch nicht dreckig geworden. Eigentlich erwarten wir in Ghudarea einen Laden, wenngleich wir ihn nicht brauchen. Es ist ja immer schön reinzuschauen und vielleicht ein kleines Erfahrung mit Javshangoz eigentlich verwunderlich, da hatte ja auch der letzte Talort noch ein Geschäft. Die Strasse wird jetzt deutlich besser. Zunächst geht es wieder über den Kokuibel, mit Brücke sebstredend und dann eine Felswand auf der linken Flussseite entlang. Das nächste grüne Dorf, Bopasor ist bald erreicht. Hinter Bopasor muss man eine grössere Steigung auf sich nehmen, es scheint hier ebenfalls einmal eine Art Usoi-Ereignis gegeben zu haben. Ein grosser Erdrutsch, der das Tal verschüttet hat und den Fluss aufstaute. Unterwegs trifft man nur wenige Fussgänger. Es geht recht steil rauf und auch auf der anderen Seite wieder runter. Leider lässt sich so kein Schwung mitnehmen.
Dafür können wir unten angelangt zum ersten Mal über den grossen Fluss, der hier noch Ghudara heisst queren, die Brücke sieht stabil aus. Auf der anderen Seite geht es etwas unübersichtlicher weiter, Muren und Fluten haben wohl die Piste verändert, wir werden jedenfalls von einem Mann, der gerade Holz sammelt auf die richtige Spur verwiesen. Diese ist zwar an den vielen Steinmännern zu erkennen, jedoch nicht so deutlich ausgefahren, wie die ursprüngliche Trasse. Auch an einer zweiten Stelle hilft uns der Mann mit einem Tip weiter und schiebt dann sogar Dinas Rad mit an, da es auf dem grobsteinigen Untergrund bergauf recht mühsam ist. So kommen wir in das wiederum pitoresque Rukch. Der Kontrast von den intensiv grünen Feldern und den Bäumen hier zu den sonst so nackten Talflanken und Felswänden ist gigantisch. Einfach traumhaft hier. Doch es gibt noch Steigerungen, die auf Rukch folgende Schluchtstrecke raubt einem den Atem, man möchte fast Ausschreien so genial ist es hier. Die 2 Tage hier verschlingen gleich eine ganze Speicherkarte, so viel, wie die 2 Wochen vorher schon gebraucht haben.
Vor der Steigung nach Savnob kommt dann der Zufluss vom Sarezsee, der Murghab. Der grosse Fluss von Murghab fliesst ja in den Sarez. Ein Erdrutsch hatte 1909 den Fluss aufgestaut und das Dorf Uzoi verschüttet. Hier befindet sich der höchste Staudamm der Welt und er ist nicht menschengemacht. 800 m türmen sich die Steinmassen und stauen einen 500 m tiefen See auf. Da der Damm nicht als sonderlich stabil eingeschätzt wird, ist er eine grosse Gefahr für die ganze Region und auch bis Europa gut bekannt. Dementsprechend wird er auch gut überwacht. Wie das Vorwarnsystem organisiert ist, haben wir jedoch nicht in Erfahrung bringen können. Allerdings braucht man als Tourist ein Spezialpermit um zum See zu gelangen. Von der schlucht am Zusammenfluss erkennt man nicht viel vom Sarez. Der Zugang zu ihm wird von weiter unterhalb erreicht. Ab dem Zusammenfluss heisst unser Fluss dann endlich Bartang. Dina sieht die zusätzlichen Wassermassen mit Bedenken, ich hingegen freue mich auf einen weiter eindrucksvoll neben uns fliessenden grossen Wildbach. Nun ist jedoch erst einmal die Steigung nach Savnob dran. Wir sind schon gespannt auf den Ort, den wir hier als grosses Zentrum einschätzen, da ja gemäss dem Lonely Planet hier auch die ganzen Kleinbusse aus Khorog enden. Der Ort liegt nicht direkt an der Strasse, sondern an einer 1 km Stichstrasse. Erst einmal quälen wir uns in der Mittagshitze die Kehre rauf. Wir erwarten eigentlich im Dorf die Ukrainer, da sie immer frische Spuren vor uns hinterlassen. Allerdings sehen wir, dass sie am Abzweig einfach die Hauptpiste weitergefahren sind. Am Ortseingang werden wir schon freundlich begrüsst. Wir erkundigen uns nach den Läden im Ort, werden aber zunächst ins Haus eingeladen. Es gibt ein paar Runden Tee. Der ist für mich mittlerweile Colaersatz, immer mit schön Zucker und in entsprechenden Mengen wird er auch getrunken. Die Familie ist wirklich sehr nett und wir unterhalten uns wie üblich auf Russisch, und nachdem die Tochter in Khorog Englisch studiert können wir auch Englisch reden. Auch der Sohn ist eigentlich in Khorog ansässig, aber momentan sind wohl viele bei den Familien zu Hause und helfen bei der Ernte, die gerade beginnt. Wir erkundigen uns natürlich auch nach dem Weiterweg. Aber genaue Identifizierung der Problemstellen ist nicht möglich, ich höre wieder mal von einer Brücke bei Basid, dass es aber über Pässe meist weitergehen kann. Ausserdem scheinen die Leute mit der Situation gut umgehen zu können, weil dieses Jahr das Bartang schon mehrfach abgeschnitten war. Für den Winter und die Hochwasserperiode im Sommer scheint das der Normalfall zu sein. Sie können aber wohl als reine Selbstversorger auskommen.
Nach dem Tee fragen wir dann nochmal nach den Läden, bekommen aber erst einmal fragende Gesichter, aber es scheint dann doch einen Laden zu geben. Allerdings muss man uns wohl zu diesem hinführen und so spazieren wir durchs ganze Dorf bis zu einem Haus, wo der Laden sein soll. Er entpuppt sich dann als ein Zimmer mit einigen Lebensmitteln, ein paar Kekse hat es, und Schokoriegel. Davon nehmen wir und auch noch ein paar Nudeln. Wir wissen ja jetzt nicht mehr genau, wie lange wir aus dem Bartang raus brauchen. An sich haben wir noch genug Vorräte. Nicht weit von hier soll auch das Wasserkraftwerk des Dorfes sein, das momentan nicht funktioniert, da etwas kaputt ist. Aber es scheint unserem Führer doch zu weit weg zu sein, sonst hätte ich es mir gerne angeschaut.
Es geht nun wieder zurück zur Familie und von dort einen sehr steilen Weg zurück auf die Strasse. Momentan herrscht richtige Nachmittagshitze und die fordert ihre Opfer. Wir kommen die Steigung, die sich hinter Savnob weiterzieht nur langsam weiter. Oberhalb liegt noch ein Krankenhaus und ein Heliflugplatz. Hier ist man wohl sicher vor den potentiellen Fluten des Sarez.
Leider müssen wir nach der langen mühsamen Steigung wieder ganz runter. Auf der steilen Abfahrt lädt ein riesiger Felsblock noch zum Verweilen und Ausruhen ein. Auf der weiteren Abfahrt nach unten sehe ich schon, dass die Strasse weiter vorne noch Probleme machen könnte. Nach einer Flussquerung müsste man auf der anderen Talseite des Nebenflusses entlang fahren und dann wieder den Hauptfluss weiter. Just am Eck vorne ist aber von der Strasse nichts mehr zu sehen, der reissende Nebenfluss fliesst drüber. Ein besorgter Blick in die Karte und der Abgleich mit der Landschaft sagen mir, dass der Weg um diese Stelle rum einen hammerharten Anstieg nach Roshorv bedeutet, nochmal 500 Höhenmeter rauf und heiss ist es auch. Wir fahren noch weiter ab, so dass ich mir Gedanken über die Weiterfahrt machen kann. Eine bzw zwei weitere Auswege fallen mir ein. Von der aussen herum führenden Strasse scheint es mir möglich weglos auf die unterbrochene Piste zu kommen, aber ganz sicher, weil felsig scheint es mir nicht zu sein. Zudem ist nicht klar ob nicht noch weitere Unterbrüche folgen. Da es nicht sicher ist, wie es weiter geht entscheiden wir uns nach Nisur zu fahren und dort zu übernachten, das scheint hier der beste naheliegende Übernachtungsplatz zu sein. Eine fehlgeschlagene Abkürzung oder noch der Anstieg auf Roshorv wären heute des guten zu viel. Bevor wir zum Ort gelangen, treffen wir noch auf einen Hirten mit seinem Sohn. Er bietet uns sofort an, bei ihm zu übernachten, das wäre am ersten Haus. Und zur Sicherheit schickt er seinen Sohn vor. Damit wir auch ja nicht woanders übernachten.
Der kleine Bub läuft schnell vor und noch bevor wir am Haus sind, macht sich schon seine Schwester auf, um Wasser zu holen, gleichzeitig werden Kartoffeln geerntet und keine 15 Minuten später dürfen wir im Haus die frischesten Kartoffeln mit Kräutern geniessen. Es ist uns etwas unangenehm, aber da wir relativ geschafft sind, doch wiederum gelegen. Die Kartoffeln sind einfach köstlich. Später kommt auch der Hirte dazu und wir setzen uns vor das Haus auf die mit Matratzen ausgelegte Terrasse. Unser Gastgeber macht sich immer mal wieder Graszigaretten, als ich ihn darauf anspreche erklärt er die Versorgungslage, schon zwei Wochen sei kein Fahrzeug mehr durchgekommen, sie seien das gewohnt. Aber daher müssen sie sich auch selbst versorgen können. Da wir noch eine ganze Packung Zigaretten haben, frage ich ihn, ob er diese gerne mag, ich bin mir ja nicht sicher, ob er auch Tabak raucht. Ich muss nicht gross warten, die Grasszigaretten sind nur aus der Not heraus geboren, er nimmt gerne die Packung.
Es gibt am Balkon sogar Musik aus der Stereoanlage. Am Dach des Hauses hat es ein kleines Solarpanel für Licht und Stereoanlage. Ich wundere mich, dass sie nicht auch ein Wasserkraftwerk haben, wie manch anderes Dorf. Jedoch hat ihr Bach nur ein kleines Einzugsgebiet, so dass er im Winter kaum Wasser führt, und gerade für diese Jahreszeit braucht es Strom. Der Winter scheint hier allerdings nicht zu lange zu dauern, 3-4 Monate.
Über Nisur geht auch der normale Zugang zum Sarez-See, es liegt erst einmal ein kleiner Pass zwischen hier und Barchidev, dem letzten Ort vor dem See, dann geht es recht steil den Damm rauf. Bis Barchidev kann man wohl noch gut mit dem Jeep fahren, danach ist Fussmarsch angesagt. Da es jedoch eine Genehmigung für den Sarez braucht, kommt dieser für uns sowieso nicht in Betracht. Obwohl, Interesse hätte ich schon und kann mir nicht vorstellen, dass das so streng gehandhabt wird. Unser Gastgeber meinte jedoch auch, dass es eine Genehmigung bräuchte. Er war wohl auch schon am See oben. Das ist nicht selbstverständlich hier in der Gegend, von der Familie in Savnob war z.B. niemand oben, das wäre ja auch ein weiter Fussweg. Im Nachhinein lese ich, dass der Sarez letztes Jahr wohl wegen terroristischer Aktivitäten gesperrt war. Auf jeden Fall verzichten wir auf einen Besuch, wir müssen erst einmal sehen, dass wir aus dem Tal überhaupt raus kommen, das ist unsere Hauptsorge, bisher hatten wir aber auch keine Probleme um die Stellen herumzukommen, allerdings war uns eine Strassensperrung auch erst hinter Savnob angekündigt. Der Plan B wäre eine Umkehr nach Murghab, das wäre uns angesichts der Strecke hinter Ghudara bis auf die Hochebene hinauf aber sehr ungelegen, noch einmal diesen Sturzacker und den steilen Anstieg, da würden wir gerne darauf verzichten.
Aber auch unser Gastgeber meint, dass wir da schon irgendwie durchkommen werden. Die Nacht verbringen wir auf der Terrasse, im Sommer soll es ja hier nicht gross regnen. Dennoch stören uns einige Tropfen in der Nacht, wir wissen ja nicht, ob es nicht gleich noch stärker regnet. Im Endeffekt beissen wir die Zähne zusammen und bleiben draussen, es bleibt bei ein paar wenigen Tropfen ab und zu.
Nun geht es das Tal entlang bis Ghudara, der erste Ort seit Murghab, Muzkol kann man ja nicht als solchen zählen. Doch die Strecke bietet noch einige Überraschungen. Bis Ghudara müssen unzählige Schwemmkegel überquert werden. Diese haben teils noch recht frische Ablagerungen, so dass die Piste oft mal verschwindet. Im groben Geröll der Kegel kann oft nur geschoben werden. So kommen wir nur langsam vorwärts. Dafür freuen wir uns über die ersten Sträucher und auch eindrucksvolle Bäume, Bäume hat es seit dem Shokdaratal nicht mehr gegeben. Nur an wenigen Stellen stehen diese riesigen alten Birken, sie zeigen Stellen an, welche lange nicht von Lawinen getroffen wurden. Ansonsten ist hier die morphologische Dynamik recht hoch, es wäre nicht leicht einen sicheren Platz für ein Haus zu finden. Entsprechend wenig menschliche Hinterlassenschaften sieht man. Immerhin überholen wir den Mann mit Esel, dessen Spuren wir seit Stunden verfolgen (neben denen der 4 Radfahrer vor uns).
Bevor wir Mittag machen können, wollen wir noch die zwei grössten Seitenbäche überquert haben, wie schon in den letzten Tagen auch, richtet sich unsere Fahrtaktik am Schmelzwasser aus. Am ersten der Bäche, die weniger tragisch sind, als die Karte vermuten lässt, lassen intensive Rottöne der umliegenden Berge aufschauen. Nach dem zweiten Bach rollen wir noch zum nächsten Schatten. Kurz davor passieren wir noch zwei Fussgänger, die ohne grosses Gepäck hier unterwegs sind. So richtig können wir sie nicht einordnen. Am Nachmittag warten dann weitere Schwemmkegel auf uns und ein sogenannter "Sjell". Schon vorher hatten wir teils recht feine Sedimente überfahren, die schön hart waren. Nur dieses Mal gibt es einen noch frischeren Murkegel, der sämtliche Spuren verschluckt hat. Zunächst geht es gut, doch in der Mitte verläuft der Bach und dort ist die ganze Masse noch sehr weich, man versinkt immer tiefer. Daher versuchen wir eine geeignete Stelle zu finden, an der ein grosser Stein einen Teil des Morrasts überbrückt. Nur auf der anderen Seite des Baches heisst die Devise Schnelligkeit, man muss sich irgendwie flink über den zähflüssigen Zement herüberstehlen.
Es kann bezweifelt werden, dass ein Auto hier durchkommt. Wie wir im Nachhinein erfahren hat es auch ein Esel nicht über diese Stelle geschafft, er verendet am Murkegel.
Die Piste ist weiter in miserablem Zustand, plötzlich steht ein Motorrad mit Seitenwagen vor uns, wie hat das nur die ganzen Murkegel geschafft? Spuren haben wir zumindest keine von ihm gesehen und infolge Platten ist es erst einmal immobil. Keine 500 m weiter sehen wir, dass das Motorrad wohl ganz blockiert ist, hier hat der Fluss die Piste mitgenommen und einen steilen Prallhang übriggelassen. Es geht nur zu Fuss auf dem steilen Kies weiter. Aber hier sind auch jede Menge Leute, die wohl den Fussweg herrichten und auf der anderen Seite steht ein Geländebus. Uns wird beim Tragen von Gepäck und Rad geholfen, einer der Helfer bittet noch um Flickzeug, für sein Motorrad. Ich gebe ihm eine angebrochene Packung Flickzeug. Dina verteilt noch ein paar Zigaretten unter den Helfern. Der Bus auf der anderen Seite hat ein paar Passagiere dabei, die wir nicht ganz zuordnen können, es sind Alpinisten, aber als uns einer in perfektem Deutsch anspricht bin ich ganz verwirrt. Sie stellen sich aber als Russen heraus, die 4 Wochen am Fedjenkov-Gletscher unterwegs waren. Sie wollen jetzt auf schnellstem Wege nach Dushanbe, da ihr Flugzeug in 2 Tagen geht. Moment, was suchen die dann hier, über Murghab ist doch sicher nicht der schnellste Weg, der geht doch vorne raus. Anscheinend hat man ihnen aber anderes erzählt, die Strasse soll auf 100 km nicht mehr befahrbar sein, daher fahren sie über Murghab. Sie sind selbst erst in Savnob auf den Boden der Tatsachen gekommen, sie hatten erwartet dort nach 4 Wochen einsamem Gletscher wieder in der Zivilisation zu sein und keine Probleme für einen Transport nach Dushanbe zu haben. Nun wurden sie nur das kurze Stück hierhergebracht und sollen dann von einem anderen Fahrzeug abgeholt werden, das gerade erst in Murghab losgefahren ist. Zum Glück haben sie ein Sat-Phone dabei, sonst wäre das wohl gar nicht zu organisieren gewesen. Leider können wir ihnen nicht von dem anderen Bus berichten, wir haben seit den kirgisischen LKW auf der Umfahrung nach Karakul kein fahrendes Auto mehr gesehen. Sie scheinen sich aber auf einen 30 km-Marsch in der Nacht eingestellt zu haben, da sie nicht genau wissen, wo das entgegenkommende Auto auf sie warten wird, ganz durchfahren kann es wegen Muren und der abgerutschten Strasse sowieso nicht. Dina ist etwas geschockt vom Aussehen der Alpinisten, für 4 Wochen hatten sie wohl nicht die Möglichkeit ausreichend Lebensmittel zu tragen, daher sieht man deutlich, wie sie Gewicht verloren haben.
Die Fahrer des Geländebusses bieten uns an, dass wir bis Savnob mitfahren können, aber wir lehnen dankend ab, die Landschaft ist ja wunderschön und ein Zeitproblem haben wir noch nicht. Das wird wohl nicht ganz verstanden, aber Dina hätte im Nachhinein wohl doch lieber den Bus genommen. Unsere Ukrainskies sind wohl immer noch vor uns, die Russen hatten sie auch getroffen. Wir verabschieden uns und wünschen ihnen viel Erfolg, aber ob sie den Flieger erwischen erscheint mir noch fraglich, angesichts des Umweges.
Wir holpern weiter auf der Strasse, wir wollen noch bis kurz vor Ghudara, dort habe ich einen guten Schlafplatz auf der russischen Generalstabskarte ausgemacht, es sind dort Quellen und etwas Grün eingezeichnet. Allerdings zieht es sich noch etwas und die Piste bleibt sehr rauh, bzw. grob-steinig. Wir sind daher froh als wir uns direkt neben der Strasse an einem Bächlein mit frischem Wasser und ein paar Bäumen niederlassen können. Die Apsis spannen wir halb über das Bächlein ab. Daher wird noch ein bisschen am Wasser gespielt, d.h. Bach eingetieft und Wall erhöht um Nachts nicht Überraschungen zu erleben. Dina fürchtet etwas, dass wir zu nah an der Piste sind, aber ich erwarte hier definitiv eine ordentliche Nachtruhe, wer soll hier schon kommen.
Denkste, kaum sind wir am Abendessen kommt ein Vater mit Sohn daherspaziert. Wir unterhalten uns kurz, sie kommen von Rukch, noch ein kleiner Weg dahin. Daher gibt es noch eine Erfischung am Wasser. Brot bekommen wir auch noch gleich angeboten, sie sind wohl heute von Murghab gekommen und vom Auto herausgelassen worden, wo es nicht mehr weiterkommt. Wir erkundigen uns dann gleich ob die Russen umgekehrt mit ihnen zurückfahren konnten. So genau ist das nicht zu verstehen, aber im Nachhinein glaube ich, dass sie sich nicht geeignigt hatten. Nach und nach kommt immer mal wieder ein Grüpchen mit Taschenlampe vorbei, alles Passagiere des Geländebusses. Mit einigen unterhalten wir uns über den Weg nach draussen, die Russen haben uns doch etwas verunsichert. Die Leute meinen, aber dass es im Prinzip schon möglich sein müsste, man muss halt eventuell über die Pässe (Peredaval). Schlafen können wir dennoch gut.
Der nächste Morgen sieht uns schon sehr früh fluchen, die Piste ist der absolute Sturzacker und wir wünschen uns das Auto zurück. Zum Glück sind es ja nur wenige km bis Ghudara, wunderschön anzuschauen von der Piste, wie ein Strassendorf, die weiter oben rauskommt. Bei der Abfahrt legt es mich sanft auf die Strasse. Am Morgen ist schon einiges unterwegs im Dorf, wo es mich gleich ein zweites Mal legt, es hatte eine selten glatte Schlammschicht am Boden. Zum Glück ist das Kopftuch nicht dreckig geworden. Eigentlich erwarten wir in Ghudarea einen Laden, wenngleich wir ihn nicht brauchen. Es ist ja immer schön reinzuschauen und vielleicht ein kleines Erfahrung mit Javshangoz eigentlich verwunderlich, da hatte ja auch der letzte Talort noch ein Geschäft. Die Strasse wird jetzt deutlich besser. Zunächst geht es wieder über den Kokuibel, mit Brücke sebstredend und dann eine Felswand auf der linken Flussseite entlang. Das nächste grüne Dorf, Bopasor ist bald erreicht. Hinter Bopasor muss man eine grössere Steigung auf sich nehmen, es scheint hier ebenfalls einmal eine Art Usoi-Ereignis gegeben zu haben. Ein grosser Erdrutsch, der das Tal verschüttet hat und den Fluss aufstaute. Unterwegs trifft man nur wenige Fussgänger. Es geht recht steil rauf und auch auf der anderen Seite wieder runter. Leider lässt sich so kein Schwung mitnehmen.
Dafür können wir unten angelangt zum ersten Mal über den grossen Fluss, der hier noch Ghudara heisst queren, die Brücke sieht stabil aus. Auf der anderen Seite geht es etwas unübersichtlicher weiter, Muren und Fluten haben wohl die Piste verändert, wir werden jedenfalls von einem Mann, der gerade Holz sammelt auf die richtige Spur verwiesen. Diese ist zwar an den vielen Steinmännern zu erkennen, jedoch nicht so deutlich ausgefahren, wie die ursprüngliche Trasse. Auch an einer zweiten Stelle hilft uns der Mann mit einem Tip weiter und schiebt dann sogar Dinas Rad mit an, da es auf dem grobsteinigen Untergrund bergauf recht mühsam ist. So kommen wir in das wiederum pitoresque Rukch. Der Kontrast von den intensiv grünen Feldern und den Bäumen hier zu den sonst so nackten Talflanken und Felswänden ist gigantisch. Einfach traumhaft hier. Doch es gibt noch Steigerungen, die auf Rukch folgende Schluchtstrecke raubt einem den Atem, man möchte fast Ausschreien so genial ist es hier. Die 2 Tage hier verschlingen gleich eine ganze Speicherkarte, so viel, wie die 2 Wochen vorher schon gebraucht haben.
Vor der Steigung nach Savnob kommt dann der Zufluss vom Sarezsee, der Murghab. Der grosse Fluss von Murghab fliesst ja in den Sarez. Ein Erdrutsch hatte 1909 den Fluss aufgestaut und das Dorf Uzoi verschüttet. Hier befindet sich der höchste Staudamm der Welt und er ist nicht menschengemacht. 800 m türmen sich die Steinmassen und stauen einen 500 m tiefen See auf. Da der Damm nicht als sonderlich stabil eingeschätzt wird, ist er eine grosse Gefahr für die ganze Region und auch bis Europa gut bekannt. Dementsprechend wird er auch gut überwacht. Wie das Vorwarnsystem organisiert ist, haben wir jedoch nicht in Erfahrung bringen können. Allerdings braucht man als Tourist ein Spezialpermit um zum See zu gelangen. Von der schlucht am Zusammenfluss erkennt man nicht viel vom Sarez. Der Zugang zu ihm wird von weiter unterhalb erreicht. Ab dem Zusammenfluss heisst unser Fluss dann endlich Bartang. Dina sieht die zusätzlichen Wassermassen mit Bedenken, ich hingegen freue mich auf einen weiter eindrucksvoll neben uns fliessenden grossen Wildbach. Nun ist jedoch erst einmal die Steigung nach Savnob dran. Wir sind schon gespannt auf den Ort, den wir hier als grosses Zentrum einschätzen, da ja gemäss dem Lonely Planet hier auch die ganzen Kleinbusse aus Khorog enden. Der Ort liegt nicht direkt an der Strasse, sondern an einer 1 km Stichstrasse. Erst einmal quälen wir uns in der Mittagshitze die Kehre rauf. Wir erwarten eigentlich im Dorf die Ukrainer, da sie immer frische Spuren vor uns hinterlassen. Allerdings sehen wir, dass sie am Abzweig einfach die Hauptpiste weitergefahren sind. Am Ortseingang werden wir schon freundlich begrüsst. Wir erkundigen uns nach den Läden im Ort, werden aber zunächst ins Haus eingeladen. Es gibt ein paar Runden Tee. Der ist für mich mittlerweile Colaersatz, immer mit schön Zucker und in entsprechenden Mengen wird er auch getrunken. Die Familie ist wirklich sehr nett und wir unterhalten uns wie üblich auf Russisch, und nachdem die Tochter in Khorog Englisch studiert können wir auch Englisch reden. Auch der Sohn ist eigentlich in Khorog ansässig, aber momentan sind wohl viele bei den Familien zu Hause und helfen bei der Ernte, die gerade beginnt. Wir erkundigen uns natürlich auch nach dem Weiterweg. Aber genaue Identifizierung der Problemstellen ist nicht möglich, ich höre wieder mal von einer Brücke bei Basid, dass es aber über Pässe meist weitergehen kann. Ausserdem scheinen die Leute mit der Situation gut umgehen zu können, weil dieses Jahr das Bartang schon mehrfach abgeschnitten war. Für den Winter und die Hochwasserperiode im Sommer scheint das der Normalfall zu sein. Sie können aber wohl als reine Selbstversorger auskommen.
Nach dem Tee fragen wir dann nochmal nach den Läden, bekommen aber erst einmal fragende Gesichter, aber es scheint dann doch einen Laden zu geben. Allerdings muss man uns wohl zu diesem hinführen und so spazieren wir durchs ganze Dorf bis zu einem Haus, wo der Laden sein soll. Er entpuppt sich dann als ein Zimmer mit einigen Lebensmitteln, ein paar Kekse hat es, und Schokoriegel. Davon nehmen wir und auch noch ein paar Nudeln. Wir wissen ja jetzt nicht mehr genau, wie lange wir aus dem Bartang raus brauchen. An sich haben wir noch genug Vorräte. Nicht weit von hier soll auch das Wasserkraftwerk des Dorfes sein, das momentan nicht funktioniert, da etwas kaputt ist. Aber es scheint unserem Führer doch zu weit weg zu sein, sonst hätte ich es mir gerne angeschaut.
Es geht nun wieder zurück zur Familie und von dort einen sehr steilen Weg zurück auf die Strasse. Momentan herrscht richtige Nachmittagshitze und die fordert ihre Opfer. Wir kommen die Steigung, die sich hinter Savnob weiterzieht nur langsam weiter. Oberhalb liegt noch ein Krankenhaus und ein Heliflugplatz. Hier ist man wohl sicher vor den potentiellen Fluten des Sarez.
Leider müssen wir nach der langen mühsamen Steigung wieder ganz runter. Auf der steilen Abfahrt lädt ein riesiger Felsblock noch zum Verweilen und Ausruhen ein. Auf der weiteren Abfahrt nach unten sehe ich schon, dass die Strasse weiter vorne noch Probleme machen könnte. Nach einer Flussquerung müsste man auf der anderen Talseite des Nebenflusses entlang fahren und dann wieder den Hauptfluss weiter. Just am Eck vorne ist aber von der Strasse nichts mehr zu sehen, der reissende Nebenfluss fliesst drüber. Ein besorgter Blick in die Karte und der Abgleich mit der Landschaft sagen mir, dass der Weg um diese Stelle rum einen hammerharten Anstieg nach Roshorv bedeutet, nochmal 500 Höhenmeter rauf und heiss ist es auch. Wir fahren noch weiter ab, so dass ich mir Gedanken über die Weiterfahrt machen kann. Eine bzw zwei weitere Auswege fallen mir ein. Von der aussen herum führenden Strasse scheint es mir möglich weglos auf die unterbrochene Piste zu kommen, aber ganz sicher, weil felsig scheint es mir nicht zu sein. Zudem ist nicht klar ob nicht noch weitere Unterbrüche folgen. Da es nicht sicher ist, wie es weiter geht entscheiden wir uns nach Nisur zu fahren und dort zu übernachten, das scheint hier der beste naheliegende Übernachtungsplatz zu sein. Eine fehlgeschlagene Abkürzung oder noch der Anstieg auf Roshorv wären heute des guten zu viel. Bevor wir zum Ort gelangen, treffen wir noch auf einen Hirten mit seinem Sohn. Er bietet uns sofort an, bei ihm zu übernachten, das wäre am ersten Haus. Und zur Sicherheit schickt er seinen Sohn vor. Damit wir auch ja nicht woanders übernachten.
Der kleine Bub läuft schnell vor und noch bevor wir am Haus sind, macht sich schon seine Schwester auf, um Wasser zu holen, gleichzeitig werden Kartoffeln geerntet und keine 15 Minuten später dürfen wir im Haus die frischesten Kartoffeln mit Kräutern geniessen. Es ist uns etwas unangenehm, aber da wir relativ geschafft sind, doch wiederum gelegen. Die Kartoffeln sind einfach köstlich. Später kommt auch der Hirte dazu und wir setzen uns vor das Haus auf die mit Matratzen ausgelegte Terrasse. Unser Gastgeber macht sich immer mal wieder Graszigaretten, als ich ihn darauf anspreche erklärt er die Versorgungslage, schon zwei Wochen sei kein Fahrzeug mehr durchgekommen, sie seien das gewohnt. Aber daher müssen sie sich auch selbst versorgen können. Da wir noch eine ganze Packung Zigaretten haben, frage ich ihn, ob er diese gerne mag, ich bin mir ja nicht sicher, ob er auch Tabak raucht. Ich muss nicht gross warten, die Grasszigaretten sind nur aus der Not heraus geboren, er nimmt gerne die Packung.
Es gibt am Balkon sogar Musik aus der Stereoanlage. Am Dach des Hauses hat es ein kleines Solarpanel für Licht und Stereoanlage. Ich wundere mich, dass sie nicht auch ein Wasserkraftwerk haben, wie manch anderes Dorf. Jedoch hat ihr Bach nur ein kleines Einzugsgebiet, so dass er im Winter kaum Wasser führt, und gerade für diese Jahreszeit braucht es Strom. Der Winter scheint hier allerdings nicht zu lange zu dauern, 3-4 Monate.
Über Nisur geht auch der normale Zugang zum Sarez-See, es liegt erst einmal ein kleiner Pass zwischen hier und Barchidev, dem letzten Ort vor dem See, dann geht es recht steil den Damm rauf. Bis Barchidev kann man wohl noch gut mit dem Jeep fahren, danach ist Fussmarsch angesagt. Da es jedoch eine Genehmigung für den Sarez braucht, kommt dieser für uns sowieso nicht in Betracht. Obwohl, Interesse hätte ich schon und kann mir nicht vorstellen, dass das so streng gehandhabt wird. Unser Gastgeber meinte jedoch auch, dass es eine Genehmigung bräuchte. Er war wohl auch schon am See oben. Das ist nicht selbstverständlich hier in der Gegend, von der Familie in Savnob war z.B. niemand oben, das wäre ja auch ein weiter Fussweg. Im Nachhinein lese ich, dass der Sarez letztes Jahr wohl wegen terroristischer Aktivitäten gesperrt war. Auf jeden Fall verzichten wir auf einen Besuch, wir müssen erst einmal sehen, dass wir aus dem Tal überhaupt raus kommen, das ist unsere Hauptsorge, bisher hatten wir aber auch keine Probleme um die Stellen herumzukommen, allerdings war uns eine Strassensperrung auch erst hinter Savnob angekündigt. Der Plan B wäre eine Umkehr nach Murghab, das wäre uns angesichts der Strecke hinter Ghudara bis auf die Hochebene hinauf aber sehr ungelegen, noch einmal diesen Sturzacker und den steilen Anstieg, da würden wir gerne darauf verzichten.
Aber auch unser Gastgeber meint, dass wir da schon irgendwie durchkommen werden. Die Nacht verbringen wir auf der Terrasse, im Sommer soll es ja hier nicht gross regnen. Dennoch stören uns einige Tropfen in der Nacht, wir wissen ja nicht, ob es nicht gleich noch stärker regnet. Im Endeffekt beissen wir die Zähne zusammen und bleiben draussen, es bleibt bei ein paar wenigen Tropfen ab und zu.
Wunderschöne Landschaft danke für diese Einblicke.
AntwortenLöschen